Tirana: Wilder Balkan, wildes Leben

Tirana ist ein Reisetipp für echte Osteuropa-Fans: Die albanische Hauptstadt mag nicht mit den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten aufwarten, bietet aber jede Menge Charme und wildes Leben!

Tirana wirkt erst einmal chaotisch: Es wuselt und wimmelt überall, die Straßenstruktur erschließt sich nicht sofort und wirklich schön ist Tirana auf den ersten Blick auch nicht. Dennoch bin froh, endlich diese lange geplante Reise verwirklicht zu haben, und möchte allen, die den Balkan und den ehemaligen Ostblock lieben, die albanischen Hauptstadt für einen City-Trip ans Herz legen. Lest hier, warum Tirana ein spannedes, abwechslungsreiches Reiseziel ist!

Zugegeben, Albaniens Hauptstadt bietet wenige echte Sehenswürdigkeiten. Alte Kirchen oder Moscheen finden sich kaum, nur wenige Gebäude stammen aus der Zeit von vor 1945. Das hat natürlich historische Gründe, die tatsächlich eher nach dem zweiten Weltkrieg zu finden sind. Das histiorische und vor allem das religiöse Erbe der Stadt wurde im Sozialismus stark beschädigt, der albanische Diktator Enver Hodscha sprach sogar stolz von der ersten vollständig atheistischen Stadt der Welt. Und auch das Erbe aus byzantinischer und osmanischer Zeit findet sich nur noch rudimentär.

So präsentiert sich Tirana heute als baulich recht junge und einheitliche Stadt, die jüngst einen Baumboom erlebt, der unzählige moderne Glashochhäuser mit sich bringt. Auch die Sakralbauten der Stadt sind oft noch jung und entstanden erst in den letzten zwanzig Jahren. So findet man heute durchaus eine moderne kartholische Kathedrale sowie eine der größten orthodoxen Kirchen des Balkans. Und auch Muezzine hört man wieder in der Stadt – wenn ihr Ruf nicht vom Straßenlärm überdeckt wird.

Man bereist Tirana also weniger für seine Prachtbauten, als vielmehr für den allgegenwärtigen kulturellen Mix, der das Flair der albanischen Hauptstadt bestimmt.

Prägend für das aktuelle Stadtbild Tiranas sind tatsächlich die überall wachsenden und um Höhe wetteifernden gläsernen Hochhäuser. Leider kommen viele von ihnen den wenigen vorhandenen Altbauten bedrohlich nah. Das vielleicht prägnanteste Beispiel schien mir direkt neben dem wunderschönen Uhrenturm von 1822 zu entstehen: Keine fünf Meter trennen den gerade wachsenden Glas-Beton-Kolloss vom osmanischen Wahrzeichen der Stadt. Man muss sich hier auf derartige bauliche Kontraste einlassen. Dafür wird man mit einer bunten, farbenfrohen Stadt belohnt.

Was wie ein Widerspruch klingt, ist einfach erklärt: Die ehemals grauen Bauten der Hodscha-Jahre wurden unter Bürgermeister Edi Rama an vielen Stellen bunt verziert oder mit großflächigen Streetart-Gemälden versehen (wer mehr lesen will: Folgt diesem Link). So sind etliche wunderschöne Murals entstanden, die häufig politische oder gesellschaftliche Missstände aufgreifen. Ihr werdet derartige Wandmalereien überall in der Stadt finden und das einst graue Tirana erhält dadurch einen modernen, subkulturellen Charme.

Neben diesen Graffitis ist es vor allem das Leben der Stadt, das den Charme Tiranas ausmacht und das ich irgendwo zwischen orientalischem Treiben und italienischem Flair einordnen würde: Überall finden sich kleinste Märkte und Stände, es pulsiert regelrecht. Plötzlich wird eine ganze Straße zum Markt. An vielen winzigen Straßenständen werden Mais oder Maronen geröstet, Bücher oder Antiquitäten ebenso verkauft wie Schuhe und Haushaltswaren. Es wirkt, als sei die ganze Stadt ein Basar!

Außerdem scheint hier – ganz italienisch – jeder schon morgens um 10 Uhr im Café zu sitzen. Das Leben findet draußen, auf den Straßen und in den Cafés statt. Man redet, kauft, verkauft, trinkt Kaffee, spielt Schach (wer dabei zusehen will: Der Lulishte Çajupi ist ein guter Anlaufpunkt für Freiluftschach).

Dabei hat mich vieles hier an die 2000er Jahre im Osten der EU erinnert: Es ist eine Welt, in der es noch Konduktoren und Schuhputzer gibt, viel zu viele schwarze Limousinen herumfahren, in der Verkehrspolizisten dafür sorgen, dass Kreuzungen überhaupt befahrbar bleiben, in der Bargeld mehr zählt als Kartenzahlung und in der sich Bars englisch klingenden Namen geben, um modern zu erscheinen. Vieles in Tirana wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen und ist gerade deshalb charmant.

Die zentralen Sehenswürdigkeiten Tiranas sind dabei schnell erfasst und mehrheitlich gut zu Fuß zu erschlendern:

Im Mittelpunkt der Stadt liegt der Skanderbeg-Platz, an dessen Rand sich die Ethem-Bey-Moschee, der zugehörige Uhrentum (unbedingt hinaufsteigen), die Nationaloper, das Historische Nationalmuseum mit einem gewaltigen sozialistischen Mosaik sowie auch einige Regierungsgebäude befinden.

In direkter Nachbarschaft liegt einer der zwei großen zu besichtigenden Bunker (Bunkart 2). Auch das Haus der Blätter, ein Museum für die Verbrechen des Inlandsgeheimdienstes Sigurimi, sowie die 2012 eröffnete orthodoxe Auferstehungskathedrale grenzen fast direkt an den Skanderbeg-Platz.

Im Norden und Süden des Platzes erstrecken sich zwei große Boulevards. In südlicher Richtung erreicht man hier in wenigen Minuten die bei meinem Besuch leider geschlossene Pyramide Tiranas. Sie war rsprünglich als Museum für den Diktator selbst geplant und erfährt zurzeit eine aufwendige Renovierung und Umwidmung.

In ca. 15 weiteren Fußminuten erreicht man den Mutter-Teresa-Platz mit der Technischen Universität und direkt dahinter dem sehr modernen Air-Albania-Stadion, das im Innenraum ein Café mit Blick auf das Spielfeld bietet. Auf dem Weg dazwischen passiert man den eher unspektakulären Präsidentenpalast und weitere Regierungsgebäude. Leicht abseits liegt die ehemalige Residenz Enver Hodschas. Das alles lässt sich problemlos an einem Tag besichtigen.

Aber nach Tirana reist man nicht für die großen Sehenswürdigkeiten! Es ist die Stadt selbst, die die Reise wertvoll macht! Wer aber dennoch noch etwas mehr sehen will, dem bieten sich z.B. diese spannenden Spots in Tirana, die ich allesamt empfehle:

Eine gute Viertelstunde östlich vom Zentrum stößt man auf den Pazari i Ri, den neuen Basar, der unter einer offenen Halle nicht nur lokale Händler vereint, sondern an seinen Rändern auch Gastronomie für jeden Geschmack bietet. Hier ist das westliche Hipster-Gefühl durchaus angekommen, dennoch bleiben die Preise sehr fair. Auch etliche Souvenirs – Mutter Teresa und Envar Hodschar dominieren augenscheinlich – und Antiquitäten bekommt man hier, darunter auch echte kleine Schätze aus der jüngeren Vergangenheit.

Natürlich bietet sich Tirana – umgeben von Bergen – auch für Ausflüge an. Tiranas Hausberg ist dabei der Dajti und er kann mit einer modernen Seilbahn erklommen werden. Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten und kostet für Hin- und Rückweg ca. 10,- Euro. Der Ausblick ist wirklich gigantisch und reicht bis zur Adria. Oben am Berg gibt es kleinere Attraktionen wie eine Minigolfbahn, aber vor allem auch ein verlassenes Hotel aus der Zeit des Sozialismus, das vollig unabgesperrt erkundet werden kann. Ein lost place der besonderen Art hier in Tirana!

Für den Weg zur Seilbahn, deren Startpunkt sich am Stadtrand befindet und der keinen schönen Fußweg bietet, kann man den Bus ab dem Skanderbeg-Platz nehmen (Richtung Porcelani, dort die Endstation und weitere ca. 15 Minuten zu Fuß) oder direkt das Taxi, was ich empfehle (ca. 8-10 Euro).

Unweit vom Startpunkt der Seilbahn befindet sich ein weiterer Bunker, der im Ernstfall die politische Elite des Landes beherbergt hätte (Bunkart 1). Auch hier lohnen sich die etwa 4,- Euro Eintritt, die Fläche ist riesig und erstreckt sich weit in einen natürlichen Berg hinein.

Überhaupt ist Albanien das Land der Bunker, ca. 170.000 soll es geben, teilwese als absurde Ein-Mann-Bunker in Form von Mini-Pilzen. Man findet sie überall und das Museum bietet auch hier einen schönen Eindruck des paranoiden Wahnsinns der Hodscha-Jahre.

Allen echten Ostblock-Fans und Freunden des sozialistischen Brutalismus empfehle ich außerdem einen Abstecher zu „Mutter Albanien„. Diese 22 Meter hohe, weiße Frauenstatue in bester sozialistischer Tradition befindet sich auf einem Kriegsgräberfeld, das südöstlich an den großen Stadtpark angrenzt. Man kann den Weg hierhin gut mit einem Spaziergang durch den Park und seinem künstlichen See verbinden, nur das letzte Stück führt leider an einer Straße entlang.

Am westlichen unteren Ende des Parks befindet sich außerdem der kleine Zoo von Tirana, der seinem veralteten Ruf nicht mehr gerecht wird und jüngst eine tierfreundliche Renovierung erfahren hat.

Natürlich kann man in Albanien gut essen, die Küche kombiniert balkantypische Grillgerichte mit türkischen Einflüssen. Auch wenn viele Lokale einem pseudo-westlichen Stil frönen und sich englische Namen geben, findet man doch auch die kleinen, landestypischen Tavernen, man muss sie jedoch gezielt suchen.

Wer lokal essen will, dem empfehle ich die nordöstlich des Skanderbeg in einem Gewirr kleiner Gassen eher verstekt gelegene Vila Shijaku. Hier sitzt ihr in einem wunderschönen Innenhof, zu dem übrigens auch ein kleines Museum eines lokalen Künstlers gehört.

Für einen Wein oder einen Kaffee ist die nicht weit entfernte Vila Goldi ein weiteres lohnenswertes Ziel.

Als bekennender Craft-Beer-Fan bin ich ein wenig enttäuscht worden, kleine Brauereien scheinen es in Albanien noch schwer zu haben (positive Ausnahmen: Puka und Gjyshit).

Gleiches gilt auch für den lokalen Wein, was besonders schade ist, denn albanischer Wein hat durchaus Qualität. Hier bin ich jedoch im Vena am Rande des Szeneviertels Blloku sehr glücklich geworden. Und auch auf dem neuen Basar fand ich einen kleinen Stand mit lokalem, biologischem Wein.

Abends tobt das Leben in Tirana und natürlich bekommt ihr überall solide Drinks. Die Bar Hemingway hat mich mit ihren Cocktails überzeugt und sie liegt zudem sehr schön. Nicht weit entfernt findet ihr außerdem Miqtë e Muzikë, Typ Underground und mit einer wilden Mischung aus Livemusik und Garagen-Stil – spannnend!

Obgleich mittlerweile vermutlich Teil jedes Reiseführers, ist auch das Komiteti ein Muss. Hier gibt es inmitten ostalgischem Flair eine riesige Auswahl an albanischem Raki.

Insgesamt bildet heute vor allem der ehemals gesperrte Stadtteil Blloku – der Wohnblock der Parteielite – das Herz des Tiraner Nachtlebens. Hier reiht sich Lokal an Lokal.

In Sachen Infrastruktur bietet Tirana dagegen ein eher chaotisches Bild: Die Straßen und der Verkehr sind wild, gehupt wird ständig, Stau ist ebenfalls immer, fahren zählt mehr als bremsen. Bürgersteige fehlen oft oder enden abrupt. Viele Menschen nutzen Fahrrad oder Vespa, aber dazu gehört Mut.

Die Busse haben sich mir nicht erschlossen. Es gibt sie, aber Pläne fehlen. Angezeigt werden keine Linien, sondern die angesteuerten Stadtteile, die in Tirana oft nach alten Industrieanlagen benannt sind. Am besten sucht man die grobe Richtung, also den Stadtteil, den man ansteuert, wartet und hofft (allerdings überraschend oft erfolgreich). Eine Fahrt kostet 40 Lek, die im Bus beim Konduktor bezahlt werden. Kleingeld ist hilfreich. Eine Tram o. ä. gibt es gar nicht erst, so dass leider keine Alternative zu den Bussen besteht – außer dem Taxi, bei dem man aber vor der Fahrt den Preis verhandeln sollte. So oder so steht man lange im Stau.

Leider sind auch die Langstreckenbusse zwischen den albanischen Städten nicht leicht zu finden, ein zentraler Busbahnhof fehlt. Gleiches gilt auch für die albanische Eisenbahn.

Und dann ist da noch die Sprache. Ich habe mich selten so schwer getan, mir auch nur einfachste Worte zu merken. Vieles klingt italienisch im Rhythmus, aber alles bleibt unverständlich. Englisch ist aber so weit verbreitet, dass man sich zurecht findet. Überraschend häufig bin ich auf Menschen gestoßen, die sogar ein wenig Deutsch beherrschten. Die Sprachbarriere betrifft leider auch Speisekarten und Infotafeln aller Art: Vieles liegt nur auf Albanisch vor. Aber Google hilft ja heutzutage bei solchen Problemen.

Außerdem ist in Tirana oft noch Bargeld das einzig akzeptierte Zahlungsmittel. Man kann jedoch überall Geld wechseln, 1 Euro sind etwa 120 Lek. Auch um eine albanische SIM-Karte sollte man sich kümmern, um die hohen Roaminggebühren zu umgehen. Ich habe beides direkt am Flughafen erledigt.

Fürchten muss man sich in Tirana nach meiner Erfahrung nirgendwo. Natürlich gibt es auch dunkle, unübersichtliche Gassen. Insgesamt habe ich jedoch freundliche Menschen erlebt und im Zentrum Tiranas dominieren gepflegte, gut gekleidete Erscheinungen. Auch die Armut Albaniens ist heute bei weitem nicht mehr so schlimm wie ihr Ruf, wobei trotz allem vorhanden und auch im Zentrum sichtbar. Negativ überrascht hat mich allerdings der Umgang mit Müll: Alles scheint einfach irgendwie auf die Straße geworfen zu werden.

Dennoch möchte ich all denen, die wilde, urwuchsige Stadtreisen Richtung Osten mögen, Tirana unnbedingt ans Herz legen. Macht euch selbst ein Bild, ihr werdet diese Mischung aus wildem Balkan und wildem Leben genießen!

Novi Sad: Kultur am Donaustrand

Novi Sad stellt 2022 die europäische Kulturhauptstadt eines Beitrittslandes und ist schon deshalb eine Reise wert. Falls ihr bisher nicht einmal wusstet, wo Novi Sad liegt, dann solltet ihr unbeingt hier klicken!

Falls Serbien bisher nicht auf eurer Reiseliste stand, dann solltet ihr das schnell ändern, vor allem wenn ihr Osteuropa mögt. 2022 und sicher auch noch 2023 eignen sich dabei perfekt für einen Citytrip nach Novi Sad, denn die zweitgrößte Stadt Serbiens hat sich für ihr Jahr als europäische Kulturhauptstadt herausgeputzt und trotzdem viel Balkan-Charme bewahrt.

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Novi Sad im Sommer, das heißt Donau, gut gefüllte Terrassen, konstante Temperaturen über 30 Grad. Da stört es wenig, dass Serbien als Reiseland kein Meer und keine Sandstrände bietet. Trotzdem ist die Kleinstadt im Norden Serbiens mit ihren ca. 250.000 Einwohnern bisher vermutlich nur Balkan-Insidern ein Begriff. Nach meinem dreitägigen Besuch würde ich jedoch sagen: zu unrecht! Novi Sad bietet einen spannenden kulturellen Mix, katholische, orthodoxe, ungarische, serbische sowie post-spozialistische Einflüsse treffen hier aufeinander und gleichzeit erlebt man eine junge Stadt mit vielen schicken Bars, Cafés und Restaurant.

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Belgrad oder Novi Sad?

Gelesen hatte ich im Vorfeld viel Positives über Novi Sad: Schöne Altstadt, an der Donau gelegen, hipper als Belgrad. Und bis auf den letzen Punkt würde ich rundum zustimmen – Novi Sad mag allein durch seine deutlich kleinere Einwohnerzahl nicht mit Belgrads Szeneleben mithalten könnnen, aber es sich wirklich malerisch und lebendig!

Dies gilt allen voran für die gut erhaltene Altstadt, die baulich den Charme des 19. Jahrhunderts versprüht und immer wieder mit kleinen Gassen, Passagen und belebten Innehöfen überrascht. Dabei dominieren katholische Kirchen das Stadtbild und optisch erinnert vieles an die österreichisch-ungarischen Einflüsse der ca. 200 Jahre habsburger Herrschaft. Bis heute lebt hier eine ungarische Minderheit.

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Das historische Zentrum der Stadt liegt dabei auf der gegenüberliegenden Seite der mächtigen Donau. Die frühneuzeitliche Festung Petrovaradin diente den Österreichern als Schutz vor den Osmanen und kann heute besichtigt werden. Von hier oben genießt man vermutlich den schönsten Blick über Novi Sad. Dieses bildete ursprünglich den hinter der Festung auf der geschützten Seite des Flusses gelegenen Siedlungsraum für Händler und Handwerker, die sich nicht in der Festung selbst niederlassen durften.

Dabei stellt die Donau bis heute einen Einschnitt in der Stadt dar. Zwar wurde die von der NATO im Rahmen des Kosovokrieges 1999 zerstörte Brücke, die heutige Friedensbrücke, wieder aufgebaut, dennoch wendet sich Novi Sad nicht unbedingt dem Fluss zu und die Uferpromenade ist wenig erschlossen. Dafür gibt es jedoch etwa 20 Minuten vom Stadtzentrum entfernt das Strandbad „Štrand. Es kostet zwar einen geringen Eintritt, aber dann lässt sich hier fast wie an einem echten (Meeres-)Strand der Tag verbringen.

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Überhaupt lohnt es sich in Novi Sad auch außerhalb der Altstadt, gemütlich durch die an das Zentrum angrenzenden Stadtteile zu schlendern. Vor allem Rotkvarija und Podbara bieten viel alte Bausubstanz, die zum Glück noch nicht immer gänzlich durchrenoviert ist.

Natürlich hat Novi Sad auch ein anderes Gesicht und die unvermeidlichen Plattenbauten gibt es auch hier, allerdings stören sie den positiven Gesamteindruck wenig.

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Kulturhauptstadt

Ich war durch den Titel der europäischen Kulturhauptstadt auf Novi Sad aufmerksam geworden, denn ich mag dieses oft kritisierte Konzept der EU, Städten unterhalb des touristischen Radars eine Bühne zu bieten, auch denen von Beitrittskandidaten, so wie im Falle Serbiens. Tatsächlich hat sich Novi Sad mit seiner historischen kulturellen Vielfalt diesen Titel durchaus verdient.

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Neben dem über die Zeiten Gewachsenen haben mich aber auch die vielen Graffitis und Streetart-Objekte überzeugt, die sich immer wieder in der Stadt finden. Dabei war es weniger das für seine alternative Szene gelobte chinesische Viertel, das mich beeindruckt hat, als vielmehr die Gesamtheit der städtischen Wandkunstwerke. Jenes Kineska Četvrt habe ich natürlich aufgesucht – man findet es heute in jedem Reisebericht über Novi Sad – aber gerade hier war es mir dann fast zu gewollt und zu wenig gewachsen urban.

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Essen und Trinken

In drei Tagen lässt sich eine Stadt kulinarisch nicht erfassen, aber ein paar Tipps habe ich trotzdem für euch. Grundsätzlich kann man in Novi Sad immer durch die Altstadt schlendern, hier reiht sich Café an Café und vor allem in vielen Innenhöfen finden sich Bars, Biergärten und Restaurant – also unbedingt einmal einen Torbogen hinter sich lassen und die Innenhöfe durchwandern, was erlaubt und gewollt ist.

Gut und balkantypisch essen könnt ihr im kleinen Grillrestaurant Kod Šervala am Republikplatz wenige Meter vom dortigen Markt entfernt. Hier werden vor allem Cevapcici-Fans glücklich, aber es gibt viele weitere Grill-Gerichte und dazu einig lokale Biere und Weine.

Direkt an der Nordseite des Marktes am Republikplatz liegt auch das Špajz Salaša, das rund um die Uhr einen Mix aus Bar, Café und ganztägier Küche bietet. Hier kann man z.B. schön frühstücken und dabei dem Treiben auf dem Platz zusehen. Sowohl das Špajz Salaša als auch das Kod Šervala ziehen dabei kaum Touristen an, was für mich immer ein Qualitätsmerkam darstellt.

Wer nur einen Snack möchte, findet auch auf dem Markt selbst, dem Riblija Pijaca, einen Snack. Märkte bieten für mich immer ein Highlight einer jeden Stadtreise und auch hier findet ihr einen echten, unverstellten täglichen Markt, wenn auch einen kleinen. Wer es größer mag: Leicht außerhalb des Zentrums in Richtung Bahnhof liegt der überdachte Futoška Pijaca, eine echter, wilder osteuropäischer Markt. Hier gibt es von Haushaltswaren über Lebensmittel bis hin zu Fan-Artikeln des FK Voivodina einfach alles.

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Wer bereit ist, die Altsdtadt und das Zentrum von Novi Sad ein wenig zu verlassen und ca. 15 Minuten durch den schönen Stadtteil Podbara mit vielen Altbauten zu schlendern, dem empfehle ich das Project 72 mit einer wunderbar-kreativen Crossoverküche, die serbische und internationale Einflüsse neu zusammenstellt. Das Lokal gehört zwar für Novi Sad zu den preislich gehobeneren, dennoch lohnt der Besuch, und sei es nur für ein herzhaftes Karotteneis.

Auf der anderen Seite der Altstadt, also rund um den Pupina-Bulevar, sind die versteckte Bar Cirkus mit ihrem schönen Biergarten sowie das Café Bulevar Books, eine Kombination aus Buchhandlung und Café, kleine Tipps. Allen Craft-Beer-Freunden empfehle ich außerdem, eine Busfahrt zum Stadtrand zu unternehmen und die Brauerei Zbir mit angeschlossenem Taproom zu besuchen – die Biere haben mich wirklich überzeugt. Wer mehr lesen will, findet hier einen eigenen Bericht.

Kulinarisches Highleight von Novi Sad sind jedoch zweifelsohne die unzähligen Popcorn-Stände, die sich wirklich an jeder Ecke finden und deren Beliebtheit sich mir nicht ganz erschlossen hat. Dennoch habe ich natürlich auch einmal probiert: Doch, abends mit einer kleinen Tüte Popcorn durch die Altstadt zu wandeln, das hat schon etwas.

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Schrift und Sprache

Vielleicht schreckt euch die in Serbien verwendete kyrillische Schrift von einer Reise ab, aber hier kann ich euch mit Blick auf Novi Sad beruhigen: Die Stadt ist derart stark ungarisch geprägt, das das Kyrillische hier die absolute Ausnahme bildet und fast überall die lateinische Schrift Verwendung findet.

Auch sprachlich fallen die Barrieren gering aus, Englisch ist weit verbreitet und auch viele Speisekarten sind zweisprachig. Natürlich empfehle ich immer, wenigstens einige wenige Worte in der Landessprache zu beherrschen, rein aus Gründen der Höflichkeit, aber notwendig ist es nicht. Serbien ist ein nach Westen ausgerichtetes, modernes Land und das merkt man auch sprachlich. Grundsätzlich ist das Serbische mit dem Kroatischen sehr eng verwandt (Stichwort Serbokroatisch) – wer also Kroatien bereits bereist hat und hier einige Worte aufschnappen konnte, dem hilft das auch in Serbien.

Was sich hoffentlich von selbst versteht: Serbien ist ein sicheres Reiseland, Angst muss hier wirklich niemand haben.

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Anreise, Geld, Handy

Nur ca. 70 Kilometer von Belgrad entfernt gelegen lässt sich Novi Sad gut über den Belgrader Flughafen erreichen. Einen Direktbus ab Flughafen habe ich nicht gefunden, aber die Verbindung mit Bus und Bahn ist ebenfalls gut. Da Belgrads zentraler Busbahnhof direkt vom Flughafen mit einem Shuttlebus angefahren wird, empfehle ich diesen Weg. Mehrere Busgesellschaften fahren von dort Novi Sad an, so dass man eigentlich nicht lange auf den nächsten Bus warten muss. Die Fahrt mit Endstation Novi Sad Bahnhof dauert ca. 90 Minuten – also durchaus dreißig Minuten länger als mit dem Zug – und kostet nur wenige Euro. In Novi Sad angekommen nimmt man am besten einen der vor dem Bahnhof startenden Stadtbusse richtig Altstadt – hier kann man eigentlich nicht viel falsch machen, da fast jeder Bus in diese Richtung fährt. Fragen hilft! Bussetickets in Novi Sad können direkt beim Fahrer bezahlt werden, die Fahrt kostet 150,- Dinar (ca. 1,20 Euro), die man am besten passend in der Tasche hat.

Der serbische Dinar steht aktuell (Stand 2022) in einem Kurs von ca. 120:1 zum Euro, Münzen sind bei derart großen Zahlen eher wenig verbreitet oder fast wertlos (obgleich durchaus vorhanden), ihr werdet also fast immer größere Mengen an Geldscheinen im Portemonnaie haben. Durchaus üblich ist es jedoch, dass fast überall mit (Kredit-)Karte bezahlt werden kann, auch kleine Summen.

Grundsätzlich ist Serbien ein günstiges Reiseland. Häufig kann man hier noch für 10,- Euro gut essen. Lokale Weine und Biere großer Brauereien kosten ca. 150 bis 200 Dinar und handwerklich produzierte Craft Biere um die 350 Dinar.

Selbstverständlich wolltet ihr vor der Anreise an eurem Handy alle mobilen Daten und v.a. das Roaming erst einmal ausschalten – Serbien liegt nun einmal nicht in der EU und da werden mobile Daten schnell teuer. Ich selbst habe mir direkt am Flughafen eine SIM-Karte der serbischen Vodafone-Tochter gekauft. Eine Registrierung ist nicht nötig, der Stand liegt praktischer Weise mittig im Ankunftsbereich des Belgrader Flughafens.

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Fazit

Novi Sad hat mich als Reiseziel, insbesondere im Sommer, sehr positiv überrascht. Das Stadtzentrum präsentiert sich malerisch, insgesamt wirkt vieles jung und lebendig. Wer den etwas wilden Charme Osteuropas kombiniert mit gutem Essen und netten Bars mag, der wird sich hier wohl fühlen. Drei bis vier Tage, vielleicht noch mit einem Abstecher ins barocke Sremski Karlovci, sind eine gute Reisedauer. Also fügt Novi Sad ruhig eurer persönlichen Rese-Liste hinzu!

Bukarest: Vielfalt im Urban Jungle

Solltet ihr noch nie in Bukarest gewesen sein, so wird euch diese Stadt ganz positiv überraschen: Zwischen historischen Prachtbauten wie Ceaușescus Palast des Volkes und sozialistischem Gigantismus bietet die rumänische Hauptstadt überraschend viel Grün und noch mehr hippes Flair. Klickt hier für den ganzen Reisebericht mit vielen Tipps!

Ihr liebt Städtereisen, aber Bukarest steht noch nicht auf eurer bucket list? Dann solltet ihr das schnell ändern, denn Bukarest ist eine unglaubliche vielfältige und lebendige Stadt, die ich euch für einen Kurztrip sehr ans Herz legen möchte!

Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Lipscani Europa entdecken Stadtreisen

Bukarest sah und sieht sich als Paris des Ostens, Klein Paris, Micul Paris. Prachtbauten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert sind allgegenwärtig und prägen noch immer ganze Straßenzüge. Die Dichte an Jugendstilbauten in dieser durch und durch lebendigen Stadt hat mich tatsächlich beeindruckt!

Ganz im Gegensatz dazu kannte ich vor meiner Reise nur das klischeetypische ABC für die 1,8-Millionen-Metropole Bukarest: Armut, Beton, Ceaușescu. Umso positiver hat mich die Stadt überrascht. Denn obleich dieses ABC stellenweise zutrifft, dominieren Lebendigkeit und ein spannender baulicher Mix aus verschiedensten Epochen.

Trotzdem will ich hier nicht verschweigen: Ceaușescus gigantische Bauten prägen Bukarest. Und ja, damit geht viel Beton einher. Und ja, Rumänien ist erkennbar das ärmste Land der EU (insbesondere wenn ich es mit dem jüngst bereisten Bulgarien und der Ukraine vergleiche). Dennoch prägen diese Aspekte das, was Bukarest positiv auszeichnet, weil sie spannende Gegengewichte zur baulichen Pracht bilden, die sich so zahlreich in Bukarest findet.

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Daher möchte ich euch Bukarest so verstell, wie man es beispielsweise für einen kurzen Citytrip berreisen könnte. Drei Tage durch ganz unterschiedliche Teile und Eindrücke der Stadt!

Tag 1: Lipscani und Jugendstil

Vor meiner Reise las ich mehrfach, Bukarest sei schlecht fußläufig zu erkunden. Aber das stimmt nicht. Alles, was ich hier für einen ersten Tag mit ersten Eindrücken schildere, lässt sich problemlos erschlendern.

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Das alte Leipziger-Viertel, Lipscani, bietet dafür den perfekten Startpunkt. Es bildet den Rest der von Ceaușescu zerstörten Altstadt und zeigt, welche schnuckeligen Gassen es hier einmal gab. In Lipscani gibt es sie noch. Obwohl in diesem Viertel heute vor allem gastronomische Touristenfallen zu finden sind, hat sich Lipscani doch auch wunderschöne Baudenkmäler erhalten, z.B. die winzige Stavropoleos-Kirche mit ihrem oasenhaften Innenhof. Parallel dazu stößt man hier ganz fußläufig auf opulente Prachtbauten wie die Nationalbank oder das kuppelbedachte Gebäude der CBC-Bank. Ein Tipp für Bücherfans ist die sagenhafte Buchhandlung Cărturești Carusel mit riesigen Balustraden und eleganten weißen Säulen im Inneren!

Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Lipscani Europa entdecken Stadtreisen
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Ich selbst bin von Lipscani, das leicht erhöht liegt, hinunter zum Fluss. Denn auch den gibt es, obgleich klein. Wer ihm ein wenig nach Norden folgt und dann wieder rechter Hand in die Straßen einbiegt, der gelangt fast unweigerlich zu weiteren wunderschönen Bauten wie dem Militärclub. Hier befindet man sich bereits an der Calea Victoriei, der alten Prachtmeile Bukarests, und kann ganz gemütlich zum Athenäum schlendern, vorbei am Denkmal der Wiedergeburt und dem alten Königspalast. Dabei stößt man immer wieder auf absurd versteckt liegende kleine Kirchen, die sich in Bukarest unzählig finden. Das prachtvolle Athenäum, ein Theater, empfehle ich unbedingt für eine Besichtigung.

Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Athenäum Europa entdecken Stadtreisen
Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Europa entdecken Stadtreisen

Spätestens an der Piata Romana, einem der zahllosen großen Kreisel Bukarests, sollte man dann aber den östlich der Calea Victoriei gelegene sozialistischen Riesen-Boulevard überqueren, denn jenseits dieser ganz furchtbar verstopften Giga-Straße befindet sich das alte arminische Viertel (Cartierul Armenesc), das ein gänzlich anderes Stadtbild bietet: Hier und in den umliegenden Straßen finden sich viele alte Villen der Jahrhundertwende 1900, die heute einen leicht dekadenten Charme mit viel Patina versprühen. Touristen trifft man hier wenige, dafür tummeln sich in Innenhöfen und wunderschönen Gärten, für die sich das Wort Biergarten eigentlich verbietet, die hippen Bukarester und viele ortsansässige Internationals. Hier sollte man auf jeden Fall in einem Lokal einkehren und das pralle Leben aufsaugen (Tipps folgen unten).

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Wer nun zurück nach Lipscani möchte, könnte über den Universitätsplatz gehen. Aber auch die U-Bahn ist nah (Infos zu Bus und Bahn folgen ebenfalls unten)

Tag 2: Eintauchen in die Vergangenheit

Kein Gebäude steht bildlicher für Bukarest als der gigantische Palast des Volkes, der heutige Sitz des Parlaments. Seine Größe überschreitet das Vorstellungsvermögen. Ich habe ihn mir auch deshalb für den zweiten Tag aufgespart, weil ich zuerst einen anderen, echteren Eindruck von Bukarest gewinnen wollte. Denn für Ceaușescus Palast mussten große Teile der Altstadt und der dort lebenden Menschen weichen. Umzingelt wird der Palast von großen Querachsen, die die alte Stadtstruktur vollends aufsprengen.

Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Palast des Volkes Europa entdecken Stadtreisen

Der Palast des Volkes kann nur mit einer Führung besucht werden, aber die 40,- Lei (8,- Euro) sind gut investiert. Ich empfehle, früh zu kommen, weil Online-Buchungen Stand 2022 nicht möglich sind. Ich selbst hatte auf die 11-Uhr-Führung gehofft, die aber dreißig Minuten vorher natürlich ausgebucht war. Für 12:00 Uhr gab es aber Tickets und die 90 Minuten Wartezeit ließen sich gut mit einem Spaziergang um den Palast verbringen. Ich empfehle diesen Spaziergang auch deshalb, weil sich hinter dem Palast die hübsche, kleine St. Johannes-Kirche befindet, die vor Ceaușescus Wahnsinn gerettet wurde. Direkt neben ihr entsteht aktuell eine neue Kathedrale der rumänischen Orthodoxie – erneut jede Dimension sprengend! Somit ist die Zeit bis zur Palastführung gut verbracht, denn Cafés etc. sucht man in der durch und durch technokratischen Welt rund um den Palast vergeblich.

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Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Orthodoxie Europa entdecken Stadtreisen

Der Palast selbst lohnt aber alles Warten! Die schiere Größe erschlägt den Betrachter, alles hier ist auf Prunk und Protz ausgerichtet. Ich erspare mir die Zahlen, die man mit wenighen Klicks online findet und die auflisten, wie viel Marmor verbaut und wie viele Menschen für den Bau umgesiedelt wurden. Beeindruckt hat mich aber aber tatsächlich, dass alle Baustoffe des Palastes zu (fast) 100% aus Rumänen selbst stammen – wobei natürlich immer zu bedenken bleibt, dass in der sozialistischen Bauphase dafür das gesamte Land in Armut gestürzt wurde. Obwohl nur 3% des Gebäudes, das heute Parlamentspalast heißt, zu besichtigen sind, dauert die Führung ca 90 Minuten und führt durch über einen Kilometer Palastflure. Am Ende wartet als Highlight der große Balkon, den Ceaușescus nie betreten hat und von dem stattdessen angeblich Michael Jackson die falsche Stadt grüßte („Hello, Budapest!“). Durch die aktive Nutzung des Gebäudes ist der Palast übrigens nur über einen Seiteneingang mit Sicherheitskontrolle erreichbar. Dieser Eingang befindet sich vor dem Palast stehend im rechten, nördlichen Seitenfügel. Informationen zu Führungen findet ihr hier.

Ich selbst benötigte nach dem erschlagenden Prunk des Bukarester Parlamentspalast etwas Ruhe und so hatte ich mir bereit zuvor eine kleine Oase außerhalb der touristischen Hotspots ausgesucht: den Friedhof Cimitirul Șerban Vodă. Obgleich nicht wirklich nah am Palast gedlegen, lässt er sich gut erreichen, wenn man den Bulevardul Unirii einige Minuten zurück Richtung Zentrum geht und am Piata Unirii die Straßenbahnlinie 7 nimmt. Trams sind für mich stets ein Highlight, weil sie das echte Leben an den Fenstern vorbeigleiten lassen.

Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Friedhöfe Europa entdecken Stadtreisen
Bukarest Reisetipp Wochenendreise Rumänen Friedhöfe Europa entdecken Stadtreisen

Der Friedhof selbst, die älteste und renommierteste Grabesstätte in Bukarest, begeistern mit prachtvollen Grabmonnumenten, häufig ins 19. Jahrhundert zurückdatiernd. Dennoch bietet der Ort Stille und zeigt eine vergangene Bukarester Welt. Wer Rang und Namen hat, lässt sich noch heute hier beerdigen.

Tag 3: Klein Paris, grüne Lunge und Eintauchen in den Alltag

Für den dritten Tag hatte ich mir den Triumphbogen und das beeindruckende Pressehaus vorgenommen. Für beide muss man den endlosen Boulevards doch recht weit folgen, hier ist Bukarest dann tatsächlich einmal nicht fußläufig, aber eine Mischung aus U-Bahn und E-Scooter löst das Problem (die gängigen Taxi-Apps vermittel in der Regel auch Scooter, die wirklich überall stehen und auf breiten Fuß-/Radwegen auch gefahrlos zu fahrfen sind). Der Triumphbogen verdeutlicht, woher Bukarests Ruf als „klein Paris“ stammt.

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Neben dem Triumphbogen befindet sich der große Herăstrău-Park, der beweist, dass Bukarest alles andere als eine graue Metropole ist. Leider hatte während meines Besuchs zu Ostern der Fährbetrieb auf dem großen See im Park noch nicht begonnen, die Boote wurden gerade für den Sommer herausgeputzt, aber ich stelle mir den Erholungswert immens vor (die Fähren starten etwa am Hard Rock Café). Aber Erholung lässt sich ja auch immer bei einem Drink finden finden und nette Bars am Ufer gibt es etliche!

Ich selbst habe nach dem See erneut mit einem E-Scooter einen Abstecher zur verrückt versteckten Craft-Beer-Bar und Brauerei Ground Zero unternommen, die schwer zu finden zwischen Garagen und Werkstätten etwa 1,5 Kilometer östlich vom Herăstrău-Park entfernt liegt und genau den Industriecharme gepaart mit hippem Bier bietet, den ich gerne mag.

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Wer noch ein wenig tiefer in das echte Bukarester Leben eintauchen will, dem empfehle ich erneut eine Fahrt mit der Tram (die Haltestelle befindet sich unweit der Brauerei) quer durch den östlichen Teil der Stadt hin zum riesigen Obor-Markt, auf dem es schlicht alles gibt: Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Haushaltswaren, Wein, unvermeidbar naturlich die regionale Spezialität Mici und viele, viele Dinge, von denen man bis dahin gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt. Nichts steht für mich so sehr für Osteuropa wie das lebendige Markttreiben auf genau solchen Freiluftmärkten – von denen sich allerdings ein großer Teil auch in dazugehörigen Hallen befindet. Und natürlich kann man hier ganz wunderbar einfach und geerdet essen und trinken – man sollte nur nicht zu empfindlich hinsichtlich Gerüchen und Eindrücken sein. Aber damit bin ich ja eigentlich schon beim nächsten, wichtigsten Thema jeder Reise:

Essen und Trinken

Natürlich rate ich, so wie immer, nicht in der Altstadt, also nicht in Lipscani zu essen. Ausnahmen bilden vielleicht die beiden Traditionshäuser mit reichlich lokaler Küche Hanu‘ lui Manuc und Caru cu Bere. Ersteres findet sich im Gebäude einer alten Karawanserei aus osmanischen Zeiten, zweites präsentiert sich vor allem im Inneren als extrem fotogenes Brauhaus mit viel edler Holzvertäfelung. Kaffefreunden wird außerdem das hippe The Urbanist gefallen, eine Mischung aus Café, Atelier und Bar.

Mein wirklicher Tipp für den abendlichen Drink oder etwas zu essen sind jedoch das alte Armenierviertel und die nördlich davon gelegenen Straßen. Hier wimmelt es vor allem in der warmen Jahreszeit von kleinen Innen- und Hinterhöfen, die zu wunderbar pitoresken Biergärten umgestaltet wurden. Ich empfehle die zusammengehörigen Gartenlokale Gradina Eden und der prachvolle Sera Eden sowie das Kulturlokal Lente Dionisie Lupu. Hier lassen sich unfassbar schöne (Früh-)Sommernächte genießen! Ihr sitzt zwischen alten Jugenstilvillen, die noch nicht völlig perfektioniert durchrenoviert sind, und genießt das warme Bukarester Treiben.

Für Craft-Beer-Fans gibt es in dieser Gegend übrigens auch etwas, nämlich das Taphouse der Hop Hooligans – nicht nur für das Bier ist die Location ein Muss, auch Gebäude und Vorhof versprühen ganz viel Charme!

Aber auch eine ganz andere Seite der Stadt bietet spannende Locations. So findet ihr südlich das Piața Unirii z.B. den coolen und alternativen Fabrica Club, der bei gutem Wetter ebenfalls eine spannenden, industrillen Außenbereich bietet. Rund herum gibt es ein paar weitere angeseagte Locations. Ich selbst habe den Weg zum Club für einen kleinen Abstecher über den Patriarchenhügel genutzt, dessen Kathedrale bei Nacht wunderbar beleuchtet wird.

Wer übrigerns nur einen Snack auf die Hand sucht: Wie überall in Osteuropa gilt auch in Bukarest, dass es gefüllte Teigtaschen auf die Hand gefühlt überall gibt.

Geld

In Rumänien bezahlt man mit dem Lei, genauer gesagt mit dem neuen Lei (RON), der aktuell etwa im Wert 5:1 zum Euro liegt. Kartenzahlung ist fast überall möglich. Ein wenig Kleingeld in der Tasche, z. B. 1-Lei-Scheine (Münzen sind faktisch bedeutungslos) empfehle ich, denn gebettelt wird wirklich viel. Unsicher habe ich mich dadurch nie gefühlt, hatte aber immer wieder das Bedürfnis, doch eine Kleinigkeit zu geben.

Anreise, Verkehr und ÖPNV

Bukarests zentraler Flughafen Otopeni ist heute gut von vielen deutschen Städten erreichbar. Nicht unterschätzen sollte man seine Größe und die dadurch entstehenden langen Wege im Terminal, vor allem bei der Abreise.

Direkt vor dem Flughafen fährt der Bus 783 ins Zentrum. Er gilt als Schnellbus, benötigt aber doch fast 50 Minuten. Ein Taxi ist da schneller und wenn über eine App bestellt auch sicher und nicht sehr teuer (ca. 12 Euro).

Aber egal ob Bus oder Taxi: Schon bei der Ankunft werdet Ihr erste Erfahrungen mit dem Bukarester Verkehr machen. Stau ist eigentlich immer, selbst achtspurige Straßen fangen die Massen an Autos nicht auf. Und trotz der vielen Kreisverkehre in der Stadt werden diese nicht wirklich in französischer Ordnung genutzt, sondern stets kreuz und quer und irgendwie. Und gehupt wird ohnehin andauernd.

Wirklich frei von diesem Chaos verkehrt in Bukarest eigentlich nur die U-Bahn. Sie besteht aus drei Linien, Tickets gibt es immer mindestens im Zweierset immer an einem Schalter kurz vor dem unterirdischen Drehkreuz. Eine Fahrt kostet 3 Lei.

Die Tickets der U-Bahn lassen sich leider nicht mit denen von Bus und Tram kombinieren. Also Achtung, mit einem U-Bahn-Ticket fährt man im Bus schwarz. Überhaupt hat sich mir das Verkaufssystem für Bustickets nicht erschlossen: Nur einige wenige Haltestelle besitzen Ticketschalter – und diese sind dann oft geschlossen. Ich empfehle also die Tram, also die Straßenbahn. Die Preise und das Zweiersystem gleichen der U-Bahn, aber auch hier ohne Kombinierbarkeit. Aber eine Tramfahrt mit den noch recht sozialistisch anmutenden Straßenbahnen ist ein Highlight, bei dem man zwar gut durchgeruckelt wird, aber die Stadt ganz anders erlebt! Straßenbahntickets bekommt ebenfalls direkt an den Haltestellen.

Fazit

Bukarest hat mich unglaublich positiv überrascht! Es ist eine junge Stadt mit ganz vielen spannenden Cafés und Bars und dazu mit einer unglaublich reichen Baukultur. Wer bereit ist, das touristische Lipscani-Viertel zu verlassen und auch abseitig auf Entdeckungstour zu gehen, der kann hier drei bis fünf ganz wunderbare Tage verbringen. Und natürlich solltet ihr ein wenig den abblätternden Charme des Ostens mögen. Dann wird euch Bukarest gefallen – es ist ein kleiner Geheimtipp!

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Sarajevo: Schmelztiegel der Kulturen

Ihr mögt Stadtreisen, aber sucht nach einem weniger touristischen Ort in Europa? Dann könnte Sarajevo genau richtig für euch sein! Die bosnische Hauptstadt eigent sich mit ihrem kulturellen Mix perfekt für ein verlängertes Wochenende!

Täglich um drei Uhr grüßt der Muezzin und Gebetsrufe erklingen von den zahllosen Minaretten, die Sarajevos Altstadt zieren. Die bosnische Hauptstadt liegt sicherlich nicht auf jeder Reiseroute, bietet aber einen spannenden kulturellen Mix, den ich euch für einen Kurztripp absolut empfehlen kann!

Auf meine Reise nach Sarajevo hatte ich mich auch deshalb gefreut, weil ich diesen Schmelztiegel der Kulturen schon lange einmal sehen wollte – und ich wurde nicht enttäuscht: Zwischen osmanischem Erbe, Erinnerungen an Habsburg und jugoslawischer Vergangenheit zeigt sich Sarajevo historisch vielfältig und eignet sich perfekt für eine kurze Reise über ein verlängertes Wochenende.

Touristische Highlights

Sarajevos zentrale Sehenswürdigkeit ist sicherlich die osmanisch geprägte Altstadt Baščaršija mit ihren kleinen Gassen, niedrigen Häusern, viel Markttreiben, zahllosen Moscheen und noch zahlloseren Kaffeehäuser. Der namensgebende Basar ist prägend für die Altstadt, überall wird verkauft und obwohl vieles eher in die Kategorie touristischer Nippes fällt, gibt es eben doch auch die Gassen mit altem Kupferhandwerk, allen voran die Kazandžiluk. Hier kann man sich einfach treiben lassen, die zentralen Baudenkmäler wie der Uhrenturm, der Sebilj-Brunnen oder die Husrev-Beg-Moschee sind nicht zu verfehlen. Kaffee nach traditioneller bosnischer Art, der türkischem Kaffee sehr ähnelt, wird überall aus den lokalen Kupferkännchen angeboten und ist ein absolutes Muss. Perfekt passt ein wenig Baklava dazu, das ebenfalls überall verführerisch aus den Schaufenstern grüßt.

Innerhalb eines Nachmittags hat man die Altstadt gut erkundet und kann sich am zweiten Tag beispielsweise zu einer der alten Stadtfestungen aufmachen, die trotz steiler Anstiege gut in ein bis anderthalb Stunden zu erlaufen sind. Sowohl die Gelbe Bastion als auch die Weiße Bastion, beide als Ruinen erhalten, bieten einen spannenden Blick in das Tal, in das sich Sarajevo bettet. Letztere kostet einen kleinen Eintritt (4,- bosnische Mark), aber die Aussicht lohnt es. Auf dem Weg hinauf zu den Festungen passiert man außerdem den Kovači-Friedhof, der einen Eindruck von den Schrecken des Bosnienkrieges bietet. Überhaupt ist dieser Krieg noch sehr präsent in der Stadt, ähnliche Friedhöfe mit den markanten weißen Stelen gibt es etliche.

Wer lieber im Zentrum bleibt, der kommt an einem anderen Krieg nicht vorbei: Die eher unscheinbare Lateinerbrücke erinnert an das Attentat von 1914. Eine kleine Gedenktafel verweist auf den Attentäter, Gavrilo Princip, und ein winziges Museum bestehend aus nur einem Raum beleuchtet die Ereignisse, die zum Ersten Weltkrieg führten.

Hier ab der Lateinerbrücke kann man der Sarajevo durchfließenden Miljacka folgen und erreicht das habsburgisch geprägte erweiterte Zentrum. Beeindruckend ist das opulente Rathaus, aber auch die Universität und andere Prachtbauten erinnern an das 19. Jahrhundert. Und natürlich stößt man immer wieder auf Kirchen und Klöster, die es zwar an Zahl und Pracht nicht ganz mit den Moscheen der Stadt aufnehmen können, die aber dennoch vom vielfältigen Erbe Sarajevos zeugen.

Parallel zur Miljacka verläuft mit der Ferhadija die zentrale Achse der Stadt, an der sich auch die alte Markthalle befindet. Märkte lohnen sich aus meiner Sicht immer, in diesem Fall handelt es sich aber um eine gut renovierte Halle, deren urwuchsiger Charme etwas verloten gegangen ist. Uriger und bodenständiger wird es dagegen auf der anderen Seite der Ferhadija auf dem Gemüsemarkt. Aber auch hier finden sich Erinnerungen an den Bosnienkrieg, wie die überall dort in den Boden eingelassene Rose von Sarajevo, wo einst Granaten einschlugen und Zivilisten töteten – so auch auf dem Gemüsemarkt.

Unweit des Marktes liegt auch die Ewige Flamme, ein Kriegsdenkmal, das sich tagsüber als Fotospot etabliert hat und an kalten Abenden ganz pragmatisch einige Obdachlose wärmt.

Hoch in die Berge!

Sarajevo liegt in einem echten Wintersportgebiet, nicht umsonst wurden hier die olympischen Winterspiele 1984 ausgetragen. Nach dem Bosnienkrieg fielen die Sportstätten in einen Dornröschenschlaf, aber sowohl die Skisprungschanzen als auch die olympische Bob-Bahn lassen sich besichtigen. Letztere ist per Seilbahn bequem zu erreichen, die Gondeln hinauf zum Hausberg Trebević sind brandneu und starten gute 10 Fußminuten außerhalb der Altstadt auf der anderen Flussseite. Die 20,- bosnische Mark (10€) teure Fahrt ist ihr Geld absolut wert und von der Endstation auf dem Berg erreicht man die gut ausgeschilderte Bob-Bahn nach einem kleinen Spaziergang in schönster Natur. Die Bob-Strecke selbst ist etwas für Fans von lost places, die Ruinen bieten viele spannende Fotoperspektiven.

Essen und Trinken

Klar, Bosnien ohne Čevabdčiči, das geht nicht! Man bekommt die Fleischrollen auch tatsächlich an jeder Ecke, häufig in einer eigenen Art Bistro, der Čevabdžiniča. Mich hat es in die Ćevabdžinica Željo gezogen, die zu den ältesten zählen soll und drei Filialen in der Altstadt betreibt: Schlichtes Design und wahlweise fünf, zehn oder fünfzehn Čevabčiči mit reichlich Zwiebeln im Fladenbrot. Mehr braucht es eigentlich auch nicht zum kleinen Glück.

Aber die bosnische Küche bietet natürlich mehr! Mein Tipp für eine schöne lokale Speisekarte ist das Inat Kuča dem Rathaus gegenüber auf der anderen Seite des Flusses. Schon das alte Gebäude lohnt, der Blick auf das prachtvolle Rathaus noch viel mehr und die Küche ohnehin.

Wer einfach nur zwischendurch einen Snack oder eine Erfrischung sucht, der kann sich bei den reichlich vorhandenen Kiosken mit diversen gefüllten Backwaren bedienen. Gegen den Durst empfehle ich den frisch gepressten Granatapfelsaft, der an fast jeder Ecke angeboten wird!

Für mich darf nach dem Essen ein Absacker in einer coolen Bar nicht fehlen, wenn möglich abseits der Touristenströme. Hier hat mich Sarajevo allerdings ein wenig enttäuscht, es mag aber auch der Pandemie geschuldet sein. Die Dichte an kreativen Konzepten blieb auf jeden Fall überschaubar. Für Kneipenfans auf der Suche nach Retro-Look und viel Patina sind aber das Caffè von Habsburg und das Zlatna Ribica kleine Schatzkisten. Vor allem ersteres schien mir ein Treffpunkt vieler Studenten zu sein.

Und – ihr kennt mich – keine Reise ohne Craft Beer! Auch hier zählt Sarajevo sicherlich nicht zu den Hotspots Europas, aber einige kleine Brauereien gibt es, beispielsweise die ’84 Olympics Craft Brewery. Ihre und einige andere lokale Biere bekommt man z.B. im Board Room, der, obgleich in der Altstadt, doch etwas versteckt liegt und aus meiner Sicht die beste auswahl lokaler Biere gepaart mit ungezwungener Atmosphäre bietet. Für Fans traditioneller Bierstile ist das Brauhaus der Sarajevska Pivara sicherlich ein Tipp: Direkt neben die örtlichen Großbrauerei gelegen betritt man im Inneren ein unglaublich schönes, hölzernes Brauhaus mit ganz viel Flair. Es liegt außerdem recht praktisch auf dem Weg zur Trebević-Seilbahn.

Anreise, Geld, Telefon

Sarajevo ist über seinen kleinen internationalen Flughafen von vielen deutschen Städten einfach zu erreichen. Am Flughafen angekommen wird es dann allerdings komplizierter. Einen Linienbus in die Stadt gibt es angeblich, aber er verkehrt deutlich vom Airport entfernt und ich konnte im Vorfeld trotz intensiver Bemühungen keine Haltestelle finden. Ich empfehle daher eines der vielen Taxen vor dem Flughafen, für ca. 12-15 € gelangt man so in gut 20 Minuten in die City. Die Taxen bieten vor der Fahrt Festpreise statt Taxometer; das mag etwas teurer sein, aber dafür erlebt man keine unliebsamen Überraschungen. Was mich verwundert hat: Keine der gängigen Taxi-Apps (Uber etc.) bieten ihre Dienste in Sarajevo an.

Geld sollte man zuvor direkt am Flughafen ziehen oder tauschen. In Sarajevo ist häufig noch Barzahlung angesagt. Für Nostalgiker: In Bosnien zahlt man mit Mark – und das zum alten DM-Euro-Wechselkurs. Eine KM (Konvertible Mark) entspricht also etwa 50 Eurocent.

Da Bosnien außerhalb der EU liegt, kann Datenroaming je nach Anbieter teuer werden. Wer ein Handy mit Dual-Sim besitzt: Für 5 Mark (2,50€) bekommt man z.B. in Postfilialen oder lokalen Handyläden der bosnischen Telekom eine bosnische Handynummer mit gefühlt endlosen Datenvolumen.

Wohnen

Hotels, Pensionen, B&B oder AirBnB – mit wenigen Klicks findet man auf den gängigen Seiten zahlreiche Angebote. Ich empfehle zentrumsnah zu wohnen und habe mich im altehrwürdigen Hotel Central sehr wohl gefühlt.

Reisezeit und Reisedauer

Wie überall wird sicherlich auch Sarajevos Schönheit im Sommer am besten zur Geltung kommen. Dennoch habe ich die bosnische Hauptstadt über ein langes Karnevalswochende Ende Februar/ Anfang März besucht und die in dieser Zeit touristenarmen Gassen und schneebedeckten Berge sehr genossen.

Da Sarajevo nur knapp 300.000 Einwohner zählt und der Stadtkern problemlos fußläufig zu erkunden ist, genügt ein verlängertes Wochenende vollauf und bietet auch noch Zeit für einen Ausflug mit der Seilbahn auf den Trebević (s.o.). Denn das sei bei aller Faszination nicht verschwiegen: Wer das Zentrum Sarajevos verlässt, stößt schnell auf unrenoviert Tristesse.

Fazit

Für einen Kurztripp eigent sich Sarajevo perfekt und wer Osteuropa, den Balkan und etwas rauen, unrenovierten Charme zu schätzen weiß, der wird die Stadt lieben und ihren multikulturellen und historisch vielfältigen Charakter zu schätzen wissen.

Lemberg (Lviv): Zwischen Tradition und Aufbruch

Lemberg sagt euch nichts? Dann habt ihr etwas verpasst! Denn hinter dem alten österreichischen Namen verbirgt sich das wunderbare Lviv in der Westukraine – und das ist wirklich eine kleine Schatzkiste!

Lemberg – oder korrekter: Lviv – im Westen der Ukraine steht vielleicht (noch) nicht auf eurer Reiseliste. Zu Unrecht, denn die 700.000-Einwohner-Stadt überrascht mit einer liebenswerten Mischung aus kuk-Charme und ostalgischer Aufbruchstimmung.

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Das kuk-Erbe, also die kaiserlich-königliche österreichische Vergangenheit, als Lemberg Teil des Vielvölkerimperiums war, erfasst den Besucher sofort. Die Stadt wirkt burlesk, oft barock, im Zentrum wechseln sich Wiener Kaffeehäuser mit Jugendstilbauten und katholisch anmutenden Kirchen ab.

Lemberg nimmt den Besucher mit in eine vergessene, multikulturelle Vielfalt: Da sind die Kirchen, die an jeder Straßenecke warten und oft nicht das sind, was man erwartet: Ein barockes Gotteshaus scheint katholisch, gibt sich im Inneren jedoch als orthodox zu erkennen – oder griechisch-katholisch, oder armenischen oder oder… Lemberg bietet eine religiöse Vielfalt, die an das erinnert, was Europa vor dem Aufstieg der Nationalstaaten einmal war: gelebtes Miteinander. Dazu gehören auch die vielen polnischen Einflüsse aus dem 14. bis 18. Jahrhundert – das Rathaus am zentralen Marktplatz (Rynok) ist zweifelsohne ihr prominentester Zeuge. Lemberg, Lviv oder auf polnisch Lwow: Heute bietet die Stadt von allem etwas.

Gleichzeitig fühlt man sich ins Osteuropa der frühen 2000er Jahre zurückversetzt: Viel Altbaubestand, der noch auf seine Renovierung wartet. Busse und Trams aus der Nachwendezeit. Und natürlich: alte Ladas! Lemberg scheint dort stehen geblieben zu sein, wo sich die osteuropäischen EU-Länder vor zwanzig Jahren befanden – und gerade darin liegt der Charme!

Sehenswürdigkeiten

Obwohl Lemberg ca. 700.000 Einwohner zählt, lässt sich das Zentrum mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß erkunden. Die Altstadt ist wunderbar erhalten und hat allen Kriegen getrotz. Sie und ihre Gassen und Kirchen sind für mich die eigentliche Sehenswürdigkeit Lembergs. Der Rathausturm kann gegen ein geringes Entgeld bestiegen werden. In seinem Umfeld liegen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie der prachtvolle italienische Innenhof, die herrliche Unversität (ehemals Leopoldina), die arminsche Kathedrale, das in verspieltem Jugendstil glänzende Haus der Wissenenschaftler (ein ehemaliges Clubhaus) und viele weitere bauliche Erinnerungen an die Pracht des 19. Jahrhunderts. Man kann wunderbar stundenlang durch die Altstadt schlendern, hier und da in ein Café einkehren oder aber auf dem kleinen Buchermarkt hinter der Kirche zur Heiligen Eucharistie in alten Büchern und diversem Trödel stöbern.

Wer sich historisch interessiert, der kann einerseits die alte Burgruine erklimmen oder in die jüngere Vergangenheit eintauchen und des Lonzki-Gefängnis, lokaler Sitz der sowjetischen Geheimpolizei NKWD, besuchen. Die Ausstellung ist klein, aber aus meiner Sicht ein Muss, das die sowjetischen Verbrechen und Deportationen v.a. der Stalin-Ära ungeschönt veranschaulicht.

Ich selbst bin ein großer Freund klassischer, nicht gentrifizierter Märkte, wie man sie fast überall in Osteuropa findet. In Lemberg bietet sich der am Rande der Altstadt gelegene Galizische Markt an oder der etwas größere Krakauer Markt. Beide entführen in die Zeit vor der Erfindung veganer Zimtschnecken und bieten einen bestaunenswerten, urigen Mix aus allem, was im Alltag benötigt wird.

Direkt neben dem Krakauer Markt befindet sich auch die größte Brauerei der Stadt (und eine der größten der Ukraine), Lvivske. Zu dieser gehört ein Brauereimuseum, das ansprechend aufbereitet ist und nicht nur, aber auch für die abschließende Verköstigung lohnt.

Essen & Trinken

Wenn mein Bericht wirkt, als Lemberg sei eine in der Vergangenheit stehen gebliebene Stadt, dann täuscht dieser Eindruck. Denn inmitten der herrlichen Baugeschichte der Stadt finden sich ganz wunderbar junge Kaffeeröstereien, kleine Cafés, Craft-Beer-Bars, Weinlokale und natürlich etliche Restaurants. Lemberg ist eine junge, lebendige Stadt!

Wer lokale Biervielfalt sucht, der wird im spektakulären „Biertheater“ der örtlichen Brauerei Pravda (Правда) fündig werden, das sich direkt am Rathausplatz befindet. Etwas versteckter in der Altstadt, aber urig und wild und authentisch, hat mir außercdem die Craft-Beer-Kneipe „Drunken Duck“ (Пяна качка) sehr gut gefallen.

Weinfreunden empfehle ich den Weg ca. 15 Minuten aus dem Zentrum heraus zur Weinhandlung und -bar Вина Криму („Krimweine“), die entgegen dem Namen verschiedenste ukrainische Weine bietet, die sich wirklich lohnen! Überhaupt bietet sich das Areal zwischen der von schönen alten Häusern gesäumte Prinz-Roman-Straße (Князя Романа) und der Universität gastronomisch viele Anlaufpunkte, beispielsweise das Bierlin oder den Fußball-Pub Cantona, der sich neben englischem Fußball v.a. dem Verein Karpaty Lviv verschrieben hat.

Gut gegessen habe ich im schlicht gehaltenen, aber hippen Promin, einem italienisch-ukrainischen Crossover. Wer auf die Schnelle etwas echt Ukrainisches sucht, dem sei eines der mehreren Bistro-Lokale der Kette „Пузата хата“ empfohlen: Das in Osteuropa gängige Konzept ähnelt etwas einer Mensa, man wählt an langen Auslagen, zahlt und sucht sich seinen Platz. Beide oben genannten Tipps befinden sich nahe der Universität.

Direkt in der Alstadt dagegen bietet das Fatset (Фацет) eine kreative Mischung aus regionaler Küche, Bar, Weinen, Café und viel studentische Jugendlichkeit.

Und was in der Ukraine auf gar keinen Fall fehlen darf, ist ein Kirschwein! Die Kette Piana Vyshnia (Пяна Вишня) kannte ich schon aus Kiew und finde das Konzept, wirklich nur Kirschwein an Stehtischen anzubieten, weiterhin ebenso mutig wie spannend. Aber Achtung, der in bohemen Gläsern ausgeschenkte Wein ist eher ein Likör mit fast 20%!

Erhalten hat sich Lemberg auch die österreischische Kaffeekultur. Nicht nur, dass es es am Rande der Altstadt ein „Wiener Kaffeehaus“ gibt, nein, es wird auch überall in der Stadt in kleinen Röstereien eigener Kaffee produziert und ausgeschenkt. Kaffeefreunde kommen in Lemberg definitiv auf ihre Kosten! Und wenn es mal schnell gehen soll: Die Kette „Lviv Croissant“ betreibt in der ganzen Ukraine ihre Mini-Cafés mit – nun ja – Kaffee und Croissants.

Sprache und politische Situation

Seit 2014 herrscht Krieg in der Ostukraine, der aber so weit im Osten dieses riesigen Landes liegt, dass man sich nicht fürchten muss. Natürlich findet man im öffentlichen Raum Plakate und Gedenkstätten, auch in Lemberg, ganz im Westen und fast 1000km von den Brennpunkten entfernt, so dass man den Konflikt mit Russland nicht ganz ausblenden kann.

Wer sich die Mühe macht, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen, merkt aber schnell: Die politische Verschärfung seit Winter 2021 bedrückt die Menschen auch in Lemberg, die Angst vor einem großen Konflikt liegt greifbar in der Luft.

Dabei ist die Phrase „ins Gespräch kommen“ doppelt zu betrachten: Ja, man kommt in Lemberg schnell ins Gespräch, einfach in einer Bar zum Beispiel; ich habe hier offene, freundliche Menschen erlebt. Aber natürlich stellt die Sprachebarriere in der Ukraine ein echtes Hindernis dar: Englisch ist wenig verbreitet; Russisch würde helfen, ist aber aufgrund der Situation gerade wenig populär; Deutsch beherrscht niemand. Oft wurde ich jedoch gefragt, ob ich des Polnischen mächtig sei. Man ist also schnell drin im Gespräch, sollte aber bereit sein, sich mit Händen und Füßen zu verständigen und sein Glück mit einem Sprachmix versuchen.

Anreise, Reisezeit, Reisedauer

Die Anreise nach Lemberg ist denkbar einfach, der Danylo Halytskyi Airport Lviv ist gut mit einem Direktbus ins Zentrum angebunden (Endhaltestätte Universität/ університет, Tickets beim Fahrer, ca. 10 Griwna, entwerten nicht vergessen!). Direktflüge bietet z.B. Ryanair von mehreren deutschen Standorten an.

Ich selbst habe Lemberg im Winter besucht und kann die Woche vor Dreikönig, dem orthodoxen Weihnachtfest, sehr empfehlen, weil man wirklich ein unglaubliches Licht- und Farbenspiel geboten bekommt. Zudem ist die Woche zwischen Neujahr und Dreikönig wie häufig im Osten für viele Einrichtungen arbeitsfrei und so zeigt sich die Stadt prall voll mit Leben. Aber auch der Sommer muss in Lemberg mit seinen Kopfsteingassen und Innenhöfen wunderschön sein.

Drei bis fünf Tage scheinen mir, wenn man nicht die nahegelegenen Karpaten besuchen will, eine sinnvolle Reisezeit zu sein, in der man die Stadt nach und nach erkunden kann, ohne sich zu eilen oder zu langweilen.

Geld & Telefon

Die ukrainische Währung, den Griwna, bekommt man in Deutschland nicht, man zieht also am besten direkt am Flughafen Bargeld. 32 Griwna sind etwa 1,- Euro. Kartenzahlung (Kreditkarte) ist so gut wie überall möglich und gerne gesehen.

Leider liegt die Ukraine in einem sehr teurem Roaming-Raum außerhalb der EU, daher bietet sich der Erwerb einer lokalen Nummer an, der aber problemlos möglich ist und keine Registrieriung voraussetzt; Vodafone Ukraine und Kievstar betreiben überall in der Stadt (leider nicht am Flughafen) ihre Geschäfte. Eine solche Prepaid-Karte kann jederzeit an etwas abenteuerlich anmutenden Automaten aufgeladen werden.

Fazit

Wenn Lemberg bisher nicht auf eurer Reiseroute lag, dann fügt es schnell hinzu, denn diese Stadt ist kulturell wie kulinarisch abwechslungsreich und überraschend. Überrascht hat mich dabei auch, dass Lemberg so ganz anders ist als Kiew, das ich im Sommer besucht hatte (hier findet ihr den Reisebericht zu Kiew). Vermutlich wäre dieser Umstand bei der Größe und Vielfalt der Ukraine zu erwarten gewesen, dennoch war ich erstaunt, dass z.B. die in der Hauptstadt dominierende Orthodoxie in Lemberg nur eine Randerscheinung darstellt. Und auch das oben beschriebene österreichische Erbe hat mich begeistert. Daher kann ich euch die Stadt nur ans Herz legen, ihr werdet positiv überrascht sein – egal ob ihr nun Lemberg, Lviv oder Lwow zu dieser schönen alten Stadt sagen wollt.

Kiew: Schatzkiste im Osten

Wenn ihr einen echten Reise-Geheimtipp sucht: Kiew wird euch gefallen! Lest hier, welche Schätze an Kultur, Architkektur, Geschichte euch erwarten – und ganz allgemein eine coole, lebendige, junge Stadt!

Kiew, die Hauptstadt der Ukraine, liegt trotz ihrer Geschichte, Kultur und trotz ihrer über drei Millionen Einwohner eher nicht auf der typischen Reiseroute vieler Touristen. Warum eigentlich nicht? Ich habe die Stadt für eine Woche besucht und war begeistert. Lest hier, warum Kiew ein echter Geheimtipp ist und euch eine Reise wert sein sollte!

Kiew entdecken Maidan Reisehighlights secret Kiev travel Reisetipp
Der Maidan ist das unumstrittene Zentrums Kiews

Vielfältige Kultur & Architektur

Kiew ist baulich und kulturell eine Schatzkiste! Zugegeben, auch in meiner Vorstellung hatte ich einen Plattenbau-Moloch vor Augen – ein völlig falsches Bild! Das Stadtzentrum von Kiew quillt nicht nur über vor kulturellen Highlights, es lässt sich auch ganz wunderbar zu Fuß erkunden!

Kiew liegt auf mehreren (angeblich sieben) Hügel und trennt sich in eine Ober- und eine Unterstadt. Der seit der demokratischen Umsturzbewegung von 2014 fast jedem bekannte Maidan liegt genau an der Grenze zwischen der älteren Oberstand und dem im 19. ausgebauten unteren Zentrum. Allabendlich tummeln sich hier im Sommer die Kiewer und sitzen auf Treppenstufen, Mauern und Bänken, so dass fast südliches Flair aufkommt!

Der langgezogene, rechteckige Platz beeindruckt mit seiner großen Unabhängigkeitsstatue und wird an seinen beiden Enden vom sozialistischen Hotel Ukraina sowie von beeindruckendem Stalinbarock begrenzt. Wer nun an grauen Sowjetcharme denkt, der liegt völlig falsch, denn hier hat sich in den 1950er Jahren der Sozialismus tatsächlich selbst übertroffen und beeindruckende Repräsentationsbauten geschaffen. Das gilt auch für die Prachtmeile Khreshchatyk, die vom Maidan abgeht und die zentrale Achse der Unterstadt bildet: Rechts und links erblickt man sozialistischen Prunk, der der Bürgerwelt des 19. Jahrhunderts in nichts nachsteht. Die Embleme und Ornamente der Sowjetjahre finden sich unverändert an den Giebeln und Hausfassaden, obgleich die Straße heute alle großen Weltmarken beherbergt.

Die Prachtmeile Khreshchatyk bietet prunkvolle Sowjetarchitektur

In den Seitenstraßen der Khreshchatyk finden sich viele wunderschöne Bürgerhäuser des 19. Jahrhunderts, nicht selten mit Jugendstil-Fassaden. Auch das Parlament, der Sitz des Präsidenten sowie etliche Theater und Museen lassen sich bequem erschlendern. Dabei wechselt man hier an der Grenze zwischen Ober- und Unterstadt immer wieder von einem Hügel auf den nächsten – ganz schlecht sollte man also nicht zu Fuß sein.

Bis ins Detail spielerisch verziert: Das Haus der Chimären
Bürgerhaus in einer Seitenstraße zum Maidan

An die mittelalterliche Stadt erinnert in Kiew dagegen wenig. Erhalten ist das Goldene Tor. Ansonsten liegt der Charme der Stadt gerade im Wechselspiel aus bürgerlichem Glanz des ausgehenden 19 Jh. (Zar Nikolaus I. ließ die Stadt in den 1880er Jahren aufwendig umgestalten) und sozialistischen Relikten ganz unterschiedlicher Art.

Blick vom Denkmal der Völkerfreundschaft hinab auf den Dnjepr

Ebenfalls wenige Fußminuten vom Maidan entfernt befindet sich der Doroha-Park, der sich dem Fluss zuwendet und neben dem Stadion von Dynamo Kiew vor allem den gigantischen Bogen der Völkerfreundschaft sowie etliche kleine, liebevolle Denkmäler enthält, z.B. die Liebesbrücke oder die Skulptur für Luigi und Mokrina, die sich 1944 im Krieg kennenlernten, als Italiener und Ukraninerin auf zwei verschiedenen Seiten des Eisernen Vorhangs lebten und sich 2004 wiedertrafen. Der Park selbst liegt hoch über dem Dnjepr und bietet von einer eigenes eingerichteten Plattform einen famosen Blick über den Fluss.

Liebesbrücke im Doroha-Park…
…und ein Denkmal für eine rührende Liebesgeschichte

Unbedingt sehenswert ist auch die bombastische Statue „Mutter Heimat“ die in Erinnerung an den sowjetischen Sieg im Zweiten Weltkrieg noch immer ihr Schild mit Hammer und Sichel gute 60 Meter hoch über den Dnjepr streckt. Hier findet sich sowjetische Erinnerung pur mit allem dazugehörigen Brutalismus, aber auch die Umwidmung in die ukrainische Geschichte lässt sich fassen, beispielsweise durch die riesige Nationalflagge oder das Museum im Sockel der Statue (unbedingt besuchen!).

Gigantisch: Mutter Heimat erinnert an den Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg“
Die Zeichen des Sozialismus sind trotz aller aktuellen Konflikte mir Russland nicht verschwunden

Das Herz der Orthodoxie

Nein, nicht Moskau bildet das Herz der (russischen) Orthodoxie, sondern Kiew, wo sich im Mittelalter die Kiewer Rus erstreckte und die ersten christlichen Mönche ihre Schrift aus Byzanz mitbrachten. Kiew, später vom russischen Zaren als Jerusalem des Ostens bezeichnet, zeigt das noch heute mit einer schier unendlichen Vielfalt an prachtvollen orthodoxen Kathedralen, Kirchen und Klöstern. Vieles wurde zwar im Laufe der Jahrhunderte zerstört und verwahrloste nicht zuletzt in der Sowjetzeit, erstrahlt aber heute in neuem Glanz.

Die Sophienkathedrale von außen…
…und im Inneren des ummauerten Geländes

Das heutige Herz dieser Orthodoxie bildet das Zusammenspiel von Sopienkirche und Michaelskloster. Beide befinden sich nur knapp 10 Fußminuten (und einen Hügelaufstieg) vom Maidan entfernt in der Oberstadt und liegen sich an zwei Enden der Straße Volodymyrska gegenüber.

Die Sophienkathedrale bildet den Sitz des Kiewer Metropoliten. Umrundet von einer eigenen Mauer, wirkt das Gebäudeensemble wie eine Stadt in der Stadt. Der Eintritt kostet zwischen 4 und 8 Euro, aus meiner Sicht reicht das kleine Ticket, das die Museen ausspart.

Auf der anderen Seite der Straße, gute 300 Meter entfernt, blickt man auf das nicht weniger stolze und nicht weniger pompöse Michaelskloser (hier ist der Eintritt frei). Beide Anlagen beeindrucken durch ihre Ausdehnung, ihren Prunk und durch erkennbare Volksfrömmigkeit – und sind doch nicht die größten Kirchen Kiews – werden sie doch vom Höhlenkloster noch einmal übertroffen.

persönliche Reiseempfehlung Kiew
Eingang zum Michaelskloster
Goldene Zwirbeltürme finden sich überall in Kiew

Ich selbst habe einen Kirchentag eingelegt und bin vom Michaelskloster die erneut nur ca 15 Minuten Fußweg zum Andreassteig gegangen, dessen Anfang von der Andreaskirche gesäumt wird. Der Andreassteig, eine traumhafte Kopfsteinpflasterstraße, erinnert an die verlorene Altstadt, denn das heutige Kiewer Zentrum erhielt seine Form im späten 19. Jahrhundert. Hier ist man dann auch mitten im touristischen Trubel, überall wird Nippes verkauft, überall wird für Fotos Pose gestanden. Oft bleibt man in Kiew als Tourist alleine unter Einheimischen, nur hier, am Andreassteig (und am Maidan) zeigt sich ein anderes Bild.

Reisen ohne Touristen unentdecktes Kiew
Andreaskirche am Andreassteig

Das unumstrittene religiöse Highlight Kiews ist jedoch das Höhlenkloster. Der Name täuscht, denn obwohl das Kloster auf den Höhlen ehemaligen Erimiten steht, befinden sich 95% der gigantischen Anlage überirdisch. Hier reihen sich Kirchen an Kirchen und selbst vom mächtigen Glockenturm aus lässt sich nur schwer ein Foto der Gesamtanlage schießen.

Für nur 130 Gwynja (4€) kann man alle Teile des Klosters besichtigen. Den Höhepunkt bilden die zwei Höhlenanlagen, die Gänge keinen Meter breit, nur mannshoch und nur mit Kerzen beleuchtet. Platzangst ist hier eher hinderlich. Verlaufen kann man sich in den weiß getünchten Gängen allerdings nicht, man folgt automatisch einem vorgegebenen Weg. Dennoch bietet es sich an am Eingang Kerzen zu kaufen, schon aus Gründen der Pietät: Das Höhlenkloster ist mehr Wallfahrtsort als Touristenattraktionen, viele Gläubige schienen mir gezielt zur Verehrung in die Höhlen zu gehen. Dementsprechend muss man sich hier auch noch strenger als in anderen orthodoxen Kirchen kleiden: Frauen benötigen ein Kopftuch und bedeckte Beine, auch Männer sollten nicht im Tanktop erscheinen. Entsprechende Tücher werden aber kostenlos ausgegeben.

Glockenturm des Höhlenklosters

Belohnt wird man dafür mit spannenden unterirdischen Tunneln, in deren Seiten gläserne Sarkophage eingelassen sind, die mit Kuss und Verbeugung verehrt werden. Und wenn man Glück hat, stockt es plötzlich im Höhlengang, Chorale werden angestimmt und ein Pope öffnet einen der Glassarkophage, damit ein jeder den einbalsamiertem Leichnam küssen kann. Platz- und Berührungsangst sollte man hier wirklich nicht haben!

Blick vom Glockenturm mit Plattenbauten im Hintergrund

Das Höhlenkloster bietet darüber hinaus wunderbare Blicke auf den Dnjepr und spannende Kontraste, weil sich vom Glockenturm die zahllosen Plattenbauten auf der anderen Flussseite abzeichnen. Zudem liegt Mutter Heimat fast direkt neben dem Kloster (ca. 10 Minuten Fußweg) – auch hier könnte der Kontrast nicht größer sein!

Reisetipp Kiew kirchen und Klöster Orthodox Höhlenkloster
Das Areal des Höhlenklosters ist beeindruckend riesig

Es gibt noch unzählige weitere Kirchen, die ich unmöglich aufzählen kann. Herausgehoben sei die sehenswerte Vladimirkathedrale unweit vom Goldenen Tor. Es gibt darüber hinaus eine Synagoge und eine kleine deutschsprachige Kapelle (St. Katharinen fast direkt neben dem Dienstsitz des Präsidenten), die man jedoch schnell besichtigt hat.

Dnjepr in Kiew Bootstouren
Blick über den Dnjepr in Kiew

Sonnenbaden am Dnjepr

Was Kiew an Meerblick fehlt gleicht der Dnjepr aus! Im Sommer laden mehrere Strandbäder zum Sonnenbaden am Fluss ein, einige sind mit Life Guards und Beach Bar versehen. Vor allem das zentrale Strandbad auf der Truchaniw-Insel lässt sich super in 20 Minuten zu Fuß aus dem Zentrum über eine eigene Fußgänger- und Radfahrerbrücke erreichen.

Stadtstrand am Dnjepr

Aber auch sonst ist der Fluss eine Wucht, obwohl sich seine wahre Breite im Zentrum aufgrund der gewaltigen Truchaniw-Insel kaum erfassen lässt. Ich empfehle daher eine der diversen Bootstouren, bei denen sich der Fluss ganz anders erleben lässt und außerhalb des Zentrums seine wahre Ausdehnung zeigt.

Denn eines ist am Dnjepr nur selten möglich: Das Flanieren am Ufer. Zu häufig liegen brachial große, sechsspurige Straßen an seinem Ufer, so dass selbst an den wenigen Stellen mit Uferflaniermeile der Spaziergang kein Genuss ist.

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Stadtstrand und im Hintergrund die Radfahrerbrücke vor dem Bogen der Völkerfreundschaft

Essen, trinken, genießen

Ich lasse es mir gerne gutgehen und sage zu einem abendlichen Drink nicht nein. Wenn es euch da ähnlich geht, dann solltet ihr unbedingt durch das lebendige Viertel Podil rund um den Kontraktplatz schlendern. Für Cocktailfreunde ist das Pink Freud ein Muss (alle Links in diesem Abschnitt führen zu Google-Maps). Fast Gegenüber liegt die Bierbar Beer Point mit guter Hausmannskost (trotz des Namens). Etwas versteckt, aber durch die Lage sehr schön ruhig gelegen, ist das italienische Restaurant Tisto, Syr i Titka Bella zu empfehlen.

Wer es aber richtig ukrainisch mag: „Varenychna Katyusha“ ist eine Mini-Kette mit vier oder fünf Dependancen in Kiew, die Pelmeni, Blini und fast alle anderen Klassiker anbietet.

Kontraktplatz in Podil. In den Seitenstraßen findet ihr viel Gastronomie

Ich muss aber auch zugeben dass ich mich etwas schwer getan habe, gute Restaurants mit einheimischer Küche zu finden. Kiew befindet sich vielleicht gerade an dem Punkt, an dem alles pseudo-westliche hip ist, so dass „best Pizza in town“ oder Burger-Schmieden Konjunktur haben. Aus dem Weg gehen kann man dem aber notfalls immer mit Schawarma, wie der Döner hier heißt. Er hat hier eine lange Tradition!

Craft Beer in Kiew
Auf dem Bessarabska-Markt findet ihr einen spannenden Craft-Beer-Stand

Und natürlich bin und bleibe ich Craft-Beer-Fan! Besonders gefallen hat mir der Stand der Brauerei Tzypa auf dem Bessarabska-Markt: Einfach auf dem Markt mit Wurst, Käse oder Fisch eindecken und dann für unter 60 Gwynja durch das Sortiment trinken! (es gibt aber auch eine Bar nahe der Sophienkathedrale)

Unbedingt besuchenswert ist auch die Brauerei 2085 auf dem Kulturareal Art-Zavod, einer alten Industrieanlage. Dafür muss man zwar in die Platten fahren, dank der Metro M1 ist das aber einfach (rote Linie/ Endstation). Zudem liegt der große Lisova-Markt nebenan.

Wunderschön individuell eingerichtet: Na Stanislavskoho

Wer kein Bier mag: Die Ukraine kann auf eine lange Weintradition zurückblicken. Zwar findet man überall italienischen und französischen Wein, aber traut euch ruhig an die lokalen Weine – sie sind gut und zudem günstiger! Gut gefallen für eine Snack und einen Wein hat mir das Na Stanislavskoho, auch das Vyno & Zdorovya sowie das Malevich kann ich empfehlen!

Kirschwein bei Pyana Vyshnya

Mich hat außerdem fasziniert, dass Fruchtweine total beliebt zu sein scheinen. Die Kette Pyana Vyshnya verkauft zum Beispiel ausschließlich hauseigenen Kirschwein (nein, wirklich nichts anderes!), ihr findet die Läden an fast jeder Ecke. Mir hat darüber hinaus die Port-Weinbar gut gefallen – nomen est omen, es gibt Port und Vermuth, aber auch diverse Fruchtweine von Erdbeerwein über Himbeere zu Pflaume.

Falls ihr euch nicht entscheiden könnt, dann besucht den Kyiv Food Market an der Haltestellt Arsenalna. Der Begriff Markt trifft hier eigentlich nicht mehr zu, viel mehr reihen sich hier hippe Food-Plätze aneinander und drängen sich vor allem in einer großen Halle. Hier gibt es alles, was der moderne Stadtreisende sucht. Praktisch: Alle Stände in der Halle teilen sich eine große Sitzfläche, so kann man auch als Gruppe mit unterschiedlichen Vorlieben zusammen sitzen.

Und natürlich kann ich euch alle echten Märkte nur ans Herz legen – auch um dort zu essen! Der Bessarabska-Markt liegt mitten im Zentrum, der Lisova besticht durch seine Größe und wer es wirklich abgerockt mag, der macht während seiner Tour durch Podil einen Abstecher zum Zhitnii Rynok.

Märkte in Kiew
Nicht der schickste Markt, aber allein für die sozialistische Fassade lohnenswert: Der Zhitnii Rynok in Podil

Der wilde Osten

Für mich zählt auf einer Reise nach Osteuropa immer auch ein Abstecher in die Plattenbauten zum Programm. Einerseits finden sich hier häufig spannende Embleme des Sozialismus, andererseits werdet ihr in Kiew ganze Straßenzüge voller Bau-Brutalismus finden. Vor allem die andere Flussseite und der Weg zum Flughafen Borispol sind gesäumt von endlosen Platten. Man muss aber auch sagen, dass vieles renoviert ist und sogar neue, moderne Giga-Komplexe hinzukommen. Zudem befinden sich an vielen Platten (aber nicht nur dort) großflächige Graffitis. Auch für Street-Art-Fans lohnt sich Kiew!

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In Kiew stößt man immer wieder auf spannende, größflächige Streetart

Wild sind in Kiew auch die Straßen. Ja, es gibt viele Schlaglöcher, aber mich hat auch hier eher der Gigantismus beeindruckt: Sechspurig, achtspurig, leider oft direkt am Fluss oder endlos geradeaus durch Wohnwürfel führend!

Doch, das sollte man gesehen haben! Wer aber dafür nicht extra rausfahren will: Verbindet es mit dem Lisova-Markt und dem Art-Zavod-Distrikt!

Auch bei den Plattenbauten lohnt oft der genaue Blick

Praktische Tipps

Für die Einreise in die Ukraine benötigt ihr mit den deutschen Reisepass (Personalausweis genügt nicht) kein Visum, soweit ihr weniger als 90 Tage im Land bleibt. Aktuell ist aber eine Auslandsreiseversicherung notwendig (die wird an der Grenze eingefordert), die eine Covid-Erkrankung abdeckt. Falls ihr keine besitzt: Auf Visit Ukraine gibt es für unter 10€ die in der Ukraine akzeptierten Lösungen.

Im Land benötigt ihr erst einmal Geld. Aktuell sind 30 Gwynja etwa 1€ und am besten zieht ihr direkt am Flughafen Geld am Automaten. Zwar kann man in Kiew zu 99% mit der Kreditkarte zahlen, aber Bargeld schadet nie. Zur Orientierung: ich bin mit 25€ (800 Gwynja) am Tag gut ausgekommen.

Und vermutlich wollt ihr auch telefonieren. Roaming macht außerhalb der EU leider immer noch arm, aber vielleicht hat auch euer Handy eine Dual-Sim: Direkt am Flughafen gibt es in der Ankunftshalle einen Stand, der ukrainischen Simkarten verkauft (10GB für 300 Gwynja/ 10€). Allerdings müsst ihr hier mit Bargeld zahlen.

Beide Flughäfen sind mit Bus und Bahn angebunden, aber ich habe das Taxi genommen. Taxen vor dem Flughafen verbieten sich aus Preisgründen, auch in Kiew heißt die moderne Alternative Uber (oder noch besser: Bolt!). Vorteil: Der Preis steht vorher fest und das Taxi ist getrackt. Aber auch hier war Cash der King – also Bargeld dabei haben. Der Flughafen Borispol liegt weit, etwa 30km, außerhalb der Stadt, dennoch schafft man die Fahrt im Taxi für (je nach Verkehrslage) 12-15€.

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Auch wenn die Tram alt anmutet: Die Verbindungen sind gut getacktet und der Preis unschlagbar

In Kiew bewegt man sich am besten mit der beeindruckend tiefen und teilweise herrlichen dekorierten Metro. Die Fahrt kostet 8 Gwynja für jede beliebige Streckenlänge. Tickets gibt es am Eingang jeder Station. Die Taktung der Metro ist wirklich sehr gut, alle fünf Minuten kommt eine Bahn.

Natürlich bietet Kiew zahllose Hotels moderner Qualität. Ich hatte mich dennoch für das „Hotel Ukrainia“ entschieden. Es liegt direkt am Maidan und bietet eine tolle Aussicht, das Frühstück ist gut, die Zimmer sauber, ansonsten dominiert der Charme der 90er („Euroremont“ ist hier das Stichwort) und vieles ist etwas wackelig. Aber genau das hatte ich gesucht.

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Blick aus meinem Zimmer im Hotel Ukraina. Vorne der Oktoberpalast, im Hintergrund der Dnjepr

Ein Problem ist sicherlich die Sprache. Falls ihr nicht zufällig Ukrainisch sprecht, hilft Russisch – trotz der politischen Situation, denn es wird verstanden und hilft mindestens beim Lesen, wenn man Kyrillisch beherrscht. Englisch ist kaum verbreitet, positive Ausnahmen bildeten das Hotel sowie die Durchsagen in der Metro. Das war es aber auch, schon beim Bier in der Kneipe wurde es stellenweise schwierig.

Sicherheit und die aktuelle politische Lage

Kiew ist eine sichere Stadt, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit.

Aber ja, es gibt ihn, den Krieg im Osten. Und das bleibt auch in Kiew nicht verborgen, patriotische Parolen finden sich ebenso wie Gedenktafeln für die Opfer. Tatsächlich hat mich die Zahl der Getöteten traurig gestimmt – wenn man bedenkt, dass dieser Krieg vor der Haustür Europas in unserer Wahrnehmung oft stiefmütterlich behandelt wird. Eine echte Bedrohung ergibt sich daraus für den Kiew-Besuch jedoch nicht.

Gedenktafel für die Gefallenen im Krieg um die Krim und das Donbassbecken gegen Russland
Gedenken an die Opfer der Maidan-Unruhen 2014

Auch in Sachen Kleinkriminalität und Drogen erschien mir Kiew sicherer als Frankfurt oder Amsterdam. Alkoholgeschwängerte Obdachlose wird man aber immer wieder sehen, sie sind jedoch harmlos. Polizei ist vielerorts präsent und gilt auch als zuverlässig.

Und dann wäre da noch Tschernobyl. Der Reaktor ist wirklich nah, liegt ledig auf der anderen, oberen Seite des Kiewer Stausees. Touren werden angeboten, ich habe darauf verzichtet. Ob sich für Kiew eine höhere Strahlenbelastung ergibt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.

Werbung für eine Tour nach Tschernobyl

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Diesen externen Bericht über die U-Bahn in Kiew fand ich zudem schön geschrieben – er bietet einen guten Blick in die Kiewer Metro, den ich so nicht eingefangen habe.

Natürlich gilt für alles hier: Stand 2021! Aber Kiew ist eine wunderbare Stadt abseits der bekannten Pfade. Probiert es einmal aus und ihr werdet sehen, wie sich die Schatzkiste öffnet!

Kiew ist ein absoluter Gehjeimtipp und lohnt für eine Reise – probiert es aus!

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Buzludzha: Das Ufo im Balkangebirge

Das Denkmal von Buzludzha war mein persönliches Highlight meines zweiwöchigen Roadtrips durch Bulgarien. Vom Schwarzen Meer (Varna und Kawarna) über Veliko Tarnovo führte mich die Reise ziemlich genau in die Mitte Bulgariens. Hier, hoch oben im Balkangebirge, liegt Buzludzha: aus der Zeit gefallen, monumental, extraterrestrisch – ein Denkmal der ehemaligen kommunistischen Partei Bulgariens.

Buzludzha Denkmal monument bulgarien reisetipp sozialistischer brutalismus lost places balkan shipka
Wer Buzludzha besuchen will, muss hoch hinaus

Wobei, der Begriff Denkmal trifft eigentlich nicht zu, denn es handelt sich um ein ehemaliges Aufmarschgelände. Die KP hatte das Bauwerk in den 1970ern in Auftrag geben und 1981 anlässlich des 1300-jährigen Jubiläums Bulgariens eröffnet. Genutzt wurde es danach nur leider fast nie – viel zu abseitig, viel zu kurz vor dem Sturz des Sozialismus 1989. Übrig blieb ein aus der Zeit gefallenes Relikt vergangener Tage.

Ich selbst hatte vor meiner Reise einige Bilder gesehen und wusste, dass mich ein UFO-ähnliches Etwas erwarten würde – welche Wucht das Bauwerk jedoch in der Realität entfaltet, hatte ich nicht erwartet! Schon auf der Anfahrt öffnen sich immer wieder die Berge und bieten absurde Anblicke des Beton-Monstrums. Aus der Nahansicht erschlägt es den Betrachter dann fast: Der über vierzig Meter hohe Turm mit dem sozialistischen Stern und das absurde Rund daneben wirken tatsächlich, als habe Mr. Spock persönlich hier sein Raumschiff geparkt.

Buzludzha Denkmal monument bulgarien reisetipp sozialistischer brutalismus lost places balkan shipka
Sozialistischer Brutalismus: Es ist das Gesamtensemble, das wirkt, als sei man in einer anderen Zeit

Betreten kann man das Bauwerk zurzeit leider nicht, zu groß war der Vandalismus der vergangenen Jahre. Es patrouilliert sogar ein privater Wachdienst, so dass man sich mit einem kleinen Einblick durch eine vergittertes Tor begnügen muss. Aber auch ein Rundgang um das Gebäude ist spannend: Überall bricht der Beton, tropft es herab, überlebensgroße Stahlbuchstaben verkünden sozialistische Parolen (und wurden teils als Souvenir entwendet). Und auch der Ausblick ist sehr lohnenswert, rundherum öffnet sich der Blick auf andere Berggipfel oder in die nahen Rosentäler um Kazanlak.

Buzludzha Denkmal monument bulgarien reisetipp sozialistischer brutalismus lost places balkan shipka
Gigantische Buchstaben verkünden die Herrlichkeit des Sozialismus

Der Name Buzludzha bezeichnet dabei die ca. 1400 Meter hohe Bergspitze, auf der das Gebäude errichtet wurde. Es handelt sich zwar nicht um den höchsten Berg des bulgarischen Balkangebirges – das wäre der benachbarte Botev – aber die Stelle ist geschichtsträchtig: Hier verläuft der Shipka-Pass, der die alte Hauptstadt Veliko Tarnovo mit den Rosenfeldern um Kazanlak verbindet und als verlängerte Handelsroute bis zur türkischen Grenze führt, die in osmanischer Zeit natürlich keine Grenze war.

Nationale Bedeutung erhielt der Shipka-Pass im russisch-türkischen Krieg 1877/78, als russische Truppen hier die Osmanen besiegten, was zu einer kurzzeitigen Gründung des modernen Bulgariens führte. Etwa 10 Kilometer vor dem Buzludzha-Denkmal erinnert das Shipka-Denkmal an diese Schlacht und es ist kein Zufall, dass der sozialistische Bau das Denkmal des nationalen Erwachens deutlich überragt und man von der Bergspitze auf Shipka herabblickt. Ebenso ist es vermutlich kein Zufall, dass Buzludzha heute immer mehr verfällt, während das Shipka-Denkmal sich neuer Beliebtheit erfreut – tempora mutantur…

Buzludzha Denkmal monument bulgarien reisetipp sozialistischer brutalismus lost places balkan shipka
Der Aufstieg zum Buzludzha-Denkmal lohnt sich auch für den wunderbaren Ausblick

Wer Buzludzha besuchen will, kann relativ nah mit dem Auto an das Bauwerk heranfahren – nur die allerletzten Meter geht es steil zu Fuß bergauf. Von Veliko Tarnovo kommend gibt es zwar eine Straße ab dem Shipka-Denkmal, doch diese ist kaum noch Straße zu nennen. Geschwindigkeiten über 10km/h sind hier eigentlich nicht mehr realisierbar. Daher empfiehlt es sich, erst einmal der Passstraße weiter in Richtung Kazanlak zu folgen und dann kurz vor Kran über die deutlich bessere Straße den Aufstieg zu suchen.

Sollet ihr also einmal durch Bulgarien reisen und eine Mischung aus wildem Osten und sozialistischen Relikten suchen, denn dürft ihr Buzludzha nicht verpassen! Die folgenden Bilder sprechen für sich – für mich war dieser aus Zeit und Raum gefallene Ort auf jeden Fall das Highlight meines Roadtrips!

Buzludzha Denkmal monument bulgarien reisetipp sozialistischer brutalismus lost places balkan shipka
Aus jedem Blickwinkel wirkt das gigantische Bauwerk anders – aber immer fremd und unwirklich!

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Mit dem Auto kann man nah heranfahren, wer die letzten Meter zu Fuß geht, bekommt noch einmal ganz besondere Einblicke

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Sprayer sind überall am Bau aktiv

 

 

 

 

 

Veliko Tarnovo: Die Wiege Bulgariens

Veliko Tarnovo sei wie ein Adler, der seine Schwingen um die Berge gelegt habe, auf denen die Stadt errichtet wurde. Gut, ganz erkennen konnte ich dieses Selbstbild der Stadt am Fluss Jantra nicht, aber Berge, Flusslauf und ganz viel Geschichte sind hier allgegenwärtig – immerhin handelt es sich bei Veliko Tarnovo um die frühere Hauptstadt Bulgariens. Hier ein Reisebericht über eine bulgarische Kleinstadt, die nicht auf jeder Reiseroute liegt.

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Veliko Tarnovo hat mir mit seinen vielen kleinen Gassen gut gefallen

Nach Varna und Kawarna war Veliko Tarnovo die dritte Station meiner Bulgarienreise und die weiteste Autofahrt. Von Varna kommend gibt es bis Schumen zwar eine Autobahn, aber die zweite Hälfte der gut 240 Kilometer über normale Landstraßen zieht sich, denn dies ist auch eine zentrale Achse nach Sofia und oft hängt man im Gebirge hinter einem LKW.

Warum also Veliko Tarnovo? Für mich lag der Reiz dieser ca. 70.000 Einwohner zählenden Stadt in ihrer Mischung aus Geschichte, schönen Altstadtgassen, verwinkelten Ecken und dem Gefühl, im echten Bulgarien zu sein.

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Im Stadtzentrum von Veliko Tarnovo erkennt man, dass die Stadt einmal sehr bedeutend war

Veliko Tarnovo ist eine verwinkelte Stadt und um sie zu erkunden, folgt man am besten erst einmal der Hauptstraße, der ulitsa Stefan Stambolov. Diese zentrale Achse vereint viele Geschäfte, Cafés und Restaurants, verläuft quer durch die Stadt und endet etwa an der mittelalterlichen Burganlage. Dabei öffnet sich der Blick nach rechts und links immer wieder in das Tal der Jantra. Am Fluss selbst kann man leider nicht entlang flanieren, aber es ist spannend zu sehen, mit wie vielen Windungen er die Stadt durchschlängelt. Dabei vermittelt Veliko oft das Gefühl, man befinde sich in einem Park, so häufig blickt man auf bewaldete Hügel. Eine Drehung reicht jedoch, um wieder auf die steilen, bebauten Stiegen zu blicken, an denen die Häuser ein wenig zu hängen scheinen.

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Der Fluss, die grünen Hügel und die steilen, bebauten Hänge bilden das Stadtbild von Veliko Tarnovo

Wer die Stambolov rechts und links verlässt, also leicht bergan oder bergab geht – denn Veliko ist eine hügelige Stadt -, erreicht die kleineren Altstadtgassen. Besonders schön renoviert ist die ulitsa Georgi S. Rakovski , hier kann man den alten Glanz der Stadt spüren. Heute befinden sich hier jedoch leider fast nur noch Geschäfte mit Touristennippes. Mein persönliches Highlight der Altstadt waren die kleinen Gassen rund um die Nikolaikirche. Hier zeigt sich der alte Stadtkern zwar weniger renoviert, aber gerade dadurch authentisch und charmant. In diesen Gassen liegt auch mein Tipp für ein gutes, familiengeführtes Restaurant, das „Slavianska Dusha„.

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Die Rakovski wurde aufwendig restauriert, die weniger herausgeputzten benachbarten Gassen haben mir jedoch noch besser gefallen

Wer die Rakovski jedoch bis zum Ende geht, trifft auf die wirklich nette „Art Bar Hipster„: Außen sitzt man mit Blick auf die kleinen Gassen vor einem Street-Art-Gemälde, innen ist das kleine Café alternativ eingerichtet. Ein Muss für jeden Touristen scheint das sogenannte Affenhaus zu sein, ein hübsches Altstadthäuschen mit einer (wirklich kleinen) Affenskulptur.

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Die Art Bar Hipster ist mein Tipp für einen gemütlichen Drink zwischendurch – natürlich gibt es Rakia, aber auch bulgarisches Craft Beer

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Rund um die Kirche Sankt Nikolai finden sich viele kleine Gassen. Typisch für Bulgarien sind übrigens die kleinen Totenzettel, die sich nicht nur an Kirchen, sondern auch an vielen Häusern und Bäumen finden.

Veliko Tarnovo präsentiert sich also als lebenswerte Stadt. Außerdem vereint sie, mitten im Balkangebirge gelegen, viel Geschichte auf sich und kann als Wiege der bulgarischen Kultur gelten: Schon im Mittelalter hatten sich die bulgarisch-orthodoxen Patriarchen hierhin zurückgezogen, um im Gebirge Schutz vor den mächtigen Widersachern aus Konstantinopel zu finden. Die riesige Burganlage der Stadt mit mächtiger Kirche zeugt von dieser Zeit und lohnt für eine Besichtigung; neben der Historie bekommt man für wenige Leva einen schönen Überblick über die Stadt.

Veliko Tarnovo Reisetipp Burg Bulgarien was muss man sehen?
Die mächtige Burg von Veliko Tarnovo kann gegen kleines Eintrittsgeld besichtigt werden, ich empfehle jedoch festes Schuhwerk, es geht steil hinauf!

Im 12. Jahrhundert, als sich Teile des heutigen Bulgariens von Byzanz lossagten, diente die Stadt gar als Hauptstadt. Unter den Osmanen entwickelte sich die heutige Altstadt, die geprägt ist von alter türkischer Bauweise: Viele Häuser stehen auf einem schmaleren Backsteingrund, um sich im hölzern vertäfelten ersten Stock leicht zu verbreitern.

Veliko Tarnovo Altstadt typische Häuser osmanische Architektur ulitsa Gurka Befreieung Bulgariens 1878
Die osmanisch anmutenden Häuser in der Altstadt

Veliko Tarnovo Reisetipp Bulgarien ulitsa Gurko Balkanreisen Urlaub in Bulgarien
Die berühmte ulitsa Gurko

Im Zuge der Nationalbewegung im 19. Jahrhundert wurde Veliko Tarnovo im russisch-türkischen Krieg von russischen Truppen erobert, was letztendlich zur Gründung eines ersten neuzeitlichen bulgarischen Staates führte. An den russischen General Gurko erinnert auch eine der zentralen Altstadtstraßen. Überhaupt merkt man in dieser Stadt, wie sehr die osmanische Zeit noch am bulgarischen Selbstverständnis nagt und wie stolz man im Land auf die Staatsgründung 1878 ist.

Славянска душа Veliko Tarnovo Tipp essen in Tarnovo gutes Restaurant
Überall in Bulgarien kann man gut essen (und guten bulgarischen Wein trinken!) – mein Tipp ist das süße kleine „Slavianska Dusha“

Ich kann euch Veliko Tarnovo also empfehlen, insbesondere all denen, die an Geschichte interessiert sind. Die Stadt eignet sich perfekt für einen oder zwei Tage, denn bei nur 70.000 Einwohnern hat man natürlich alles schnell gesehen. Wer jedoch einen Stopp in Bulgarien sucht, der nicht auf jeder Reiseroute liegt, der ist hier richtig!

Und wenn ihr noch einen Tipp für eine Unterkunft braucht: Ich selbst habe im Hotel Allegro gewohnt, das sich zwar auf der anderen Seite der Altstadt befindet, dafür jedoch schön ruhig an einem kleinen Park liegt und mich mit großen Zimmern überzeugt hat.

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Überzeugt euch selbst: Bulgarien ist ein spannendes Reiseland und Veliko Tarnovo ein lohnender Zwischenstopp!

Varna: Kultur am Schwarzmeerstrand

Bulgarien, ein Land, in dem ich noch nie war und das ich in diesem Sommer 2019 dank der Hochzeit zweier Freunde bereisen wollte. Ein Roadtrip sozusagen, mit Start in Varna und der Hauptstadt Sofia als Ziel. Dabei verband ich bisher wenig mit Bulgarien. Natürlich, EU-Mitglied seit 2007, aber nicht im Schengen-Raum. Sowie die üblichen Klischees: Eher arm, eher unfreundlich, eher Balkanpop – Stereotypen, von denen sich kein einziges bestätigte. Stattdessen traf ich überall auf sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, auf eine facettenreiche Kultur und eine multikulturelle Geschichte, auf wunderschöne Natur und auf viel junges, alternatives Leben. Hier also ein kleiner Bericht über Varna, der ersten Station meiner Reise.

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Varna hat mich mit einer schönen Altstadt und kultureller Vielfalt überrascht

Vom Flughafen in Varna fährt ein Stadtbus in 20 Minuten in die Innenstadt (Bus Nr. 409, Tickets für 1,- Lev bei der Konduktorin, Endhaltestelle an der zentralen Kathedrale). Ab hier endet zum Glück auch die gemeinsame Reise mit wilden Jungmännerhorden, die im Flugzeug bereits ihr Goldstrand-Besäufnis begonnen hatten. Diese Reisenden machen einen großen Bogen um Varna und fahren direkt vom Flughafen zum Goldstrand, so dass man in Varna tatsächlich kaum westliche Touristen trifft.

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Die ulitsa Preslav ist die zentrale Achse der Stadt, hier flanieren die Menschen an schönen Sommerabenden auf und ab

Durch die finale Haltestelle an der orthodoxen Muttergottes-Kathedrale befindet man sich nach der Ankunft direkt im Herzen Varnas. Hier beginnt auch die zentrale Fußgängerzone der Stadt, die ulitsa Preslav. Diese lange Prachtmeile führt vorbei am Dramatheater, an der Oper, am zentralen Platz „Nezavisimost“ und bringt den schlendernden Gast vorbei an prächtigen Jugendstilbauten fast direkt zum Meer.

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Viele Gebäude in der Altstadt sind renoviert – andere versprühen noch den Charme von vergangenem Glanz

Überhaupt, das Meer! Varna ist erkennbar eine Hafenstadt und man merkt, dass sie im 19. Jahrhundert ein wichtiger Zwischenstop für viele Reisenden war. Der Charme des Schwarzmeer-Strandbades ist ihr erhalten geblieben, viele Gebäude zeugen von einer prächtigen Vergangenheit. Heute befindet sich am Meer eine große Grünanlage, der „Primorski Park“. Der gut anderthalb Kilometer lange Stadtstrand vor diesem Park überzeugt mit schönem, feinem Sand. Aber natürlich, es ist ein Stadtstrand, man ist hier also nicht ungestört, vielmehr scheint im Sommer die ganze Stadt am Meer zu liegen. Bars und Restaurants zieren die Strandpromenade, es wird gefeiert und gelebt. Insbesondere bei einem abendlichen Drink habe ich mich hier jedoch pudelwohl gefühlt: Mit dem Getränk in der Hand dem Meeresrauschen lauschen, einfach wunderbar! (ich war übrigens gerne in der Bar „Cubo“, die sehr individuell gestaltet ist, aber es gibt etliche Bars). Man findet in Varna also keinen leeren Strand vor, aber das Wasser ist klar, viele Menschen schwimmen, die Bucht, die Varna umgibt, schließt das alles zu einem harmonischen Ganzen ab.

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Am Stadtstrand ist man zwar nicht für sich, aber westliche Touristen trifft man kaum

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Viele Bars wie hier das „Cubo“ säumen den Strand, etliche befinden sich im alten Badehaus aus dem 19. Jahrhundert

Aber natürlich ist Varna – übrigens mit etwas über 300.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Bulgariens, nur knapp hinter Plovdiv – auch eine Hafenstadt und ein Industriezentrum. Man sieht vom Strand auch große Pötte vorbeiziehen. Der Hafen selbst ist durchaus einen Besuch wert, am besten schlendert man einmal die lange Mole bis zum Leuchtturm hinaus.

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Die Mischung aus Hafenstadt und Strandbad ergibt einen interessanten Mix

Neben dem Meer, dem Hafen und der Promeniermeile bietet die Stadt viele kleine Gassen, die die Altstadt durchziehen. Hier finden sich auch einige spannende Kirchen, u.a. eine armenische Kirche. Die alte Synagoge ist leider nicht mehr zugänglich. Vieles mag dabei noch nicht perfekt herausgeputzt sein, oft bröckeln die Fassaden recht heftig und auch die Gassen selbst sind nicht immer im besten Zustand, aber für mich liegt gerade darin der Charme einer solchen Stadt. Ein absolutes Highlight sind natürlich die gut erhaltenen Ruinen einer alten römischen Badeanlage aus dem 3. Jahrhundert.

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Viele kleine Gassen bestimmen das Stadtbild, man braucht etwas, bis man sich orientieren kann

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Die römischen Thermen (hier die große Thermenanlage, es gibt noch eine zweite, kleine) kann gegen wenige Leva besichtigt werden

Wer noch weiter in der Vergangenheit zurückreisen will, dem kann ich den Steinwald 15 Kilometer westlich der Stadt empfehlen. Hier ragen bis zu sieben Meter hohe Steinformationen in den Himmel, die vor 50 Millionen Jahren entstanden sind. Der Ort ist beeindruckend!

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Der Steinwald lohnt sich für einen kurzen Ausflug aus Varna heraus

Aber es gibt auch jüngere Geschichte zu besichtigen. In Bulgarien finden sich noch etliche Relikte des Sozialismus, was mich als großen Osteuropafreund begeistert. Mein Highlight war das monumentale „Denkmal der bulgarisch-sowjetischen Freundschaft„, das in seinem Beton-Brutalismus völlig aus der Zeit gefallen scheint, aber einen herrlichen Blick über die Meeresbucht um Varna bietet.

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Sozialistische Relikte bestimmen zwar nicht das Stadtbild, aber man findet sie noch, so wie hier das monumentale Denkmal der bulgarisch-sowjetischen Freundschaft

Und natürlich lässt es sich in Bulgarien wunderbar essen und trinken! Überrascht hat mich bulgarischer Wein, aber auch Bierfreunde – vor allem Craft-Beer-Fans – kommen auf ihre Kosten. Mein Tipp für ein gutes Restaurant mit bulgarischer Küche ist das „Stari Chinar“ – es gibt das Lokal gleich dreimal in der Stadt, aber besonders gemütlich sitzt man in den engen Altstadtgassen, dort wo die endlose ulitsa Preslav langsam ausläuft.

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Wer nicht essen gehen will, kann auch einem der vielen Märkte besuchen und eine Kleinigkeit mit zum Strand nehmen

Wer also Osteuropa mag und einen Ort ohne viel westlichen Tourismus erleben möchte, der ist in Varna richtig. Für ein verlängertes Wochenende bietet die Stadt viel Abwechslung und für einen verlängerten Strandurlaub, der nicht am Goldstrand endet, habe ich im nächsten Beitrag einen Tipp – mehr könnt ihr hier lesen.